Braunsberger Denkschrift Rigaer Denkschrift Immediatbericht »Über die Reorganisation des Preußischen Staats, verfaßt auf höchsten Befehl Sr. Majestät des Königs« Riga, 12. September 1807

Geheimes Staatsarchiv, Rep. 92 Hardenberg H 12/3 eigenhändige Niederschrift in Bleistift. Brandenburg-Preußisches Hausarchiv, Rep. 49 E Staatsverwaltung Gen. betr. die Reorganisation des Preußischen Staats nach dem Frieden von Tilsit in den Jahren 1807-9: Ausfertigung mit Unterschrift Hardenbergs. Gedruckt nach der Ausfertigung bei Georg Winter (Hrsg.): Reorganisation des Preussischen Staates unter Stein und Hardenberg. Erster Teil: Allgemeine Verwaltungs- und Behördenreform. Band 1: Vom Beginn des Kampfes gegen die Kabinettsregierung bis zum Wiedereintritt des Ministers vom Stein (Publikationen aus den Preussischen Staatsarchiven Band 93). Leipzig 1931, S. 302-363.


I. Allgemeine Gesichtspunkte
II. Auswärtige Verhältnisse
III. Grundverfassung im Innern
IV. Militärwesen
V. Innere Polizei
VI. Finanzwesen
VII. Religion
VIII. Justizwesen
IX. Geschäftspflege
Schluß und Nachtrag wegen der auswärtigen Verhältnisse


Vorerinnerung.
Aufgefordert durch das Vertrauen S. K. M., meine Meinung über die künftige Verwaltung des Preußischen Staats abzugeben, und durchdrungen von der Wichtigkeit des Gegenstandes, habe ich die Erörterung desselben allein zu übernehmen nicht gewagt; ich habe vorgezogen, mich derselben gemeinschaftlich mit zwei einsichtsvollen, rechtschaffenen und vorurteilsfreien Königl. Dienern - in Absicht auf das Ganze mit dem Herrn Geh. Finanzrat Freiherrn von Altenstein und wegen verschiedener einzelner Gegenstände mit dem Herrn Geh. See-handlungsrat Niebuhr - zu unterziehen. Zwischen dem Herrn von Altenstein und mir hat sowohl in unseren eng geknüpften Dienstverhältnissen als im vertraulichen Umgange seit mehreren Jahren eine fortgesetzte Mitteilung der Ideen und eine große Übereinstimmung der Ansichten stattgefunden. Nachdem wir den Gegenstand in reifliche Erwägung gezogen hatten, bat ich ihn, mir seine Gedanken schriftlich zu geben und dabei auch die Meinung des Herrn Geh. Rats Niebuhr zu benutzen. Dieses hat er in dem anliegenden Aufsatze bewerkstelligt, den er zwar bloß zu meinem Gebrauche fertigte, den ich aber ganz vorzulegen für Pflicht halte, so wie ich auch den des Herrn Niebuhr hier beifüge.

Ich werde mich, indem ich im ganzen der Ordnung ersterer, in philosophischer Form und Sprache geschriebenen Abhandlung folge, auf eine kurze Darstellung meiner Ansicht der darin vorkommenden wichtigsten Gegenstände beschränken können, da wir uns während der Arbeit täglich über ihre einzelnen Teile besprachen.
Wenn der Herr Verfasser den Tadel der bisherigen Verfassung und Staatsverwaltung mit starken Farben auftrug, so darf dies dem Unbefangenen nicht mißfallen. Er schrieb einesteils nur für mich, und andernteils verträgt die Wahrheit keine Schminke. Nur jene haben wir im Auge und, um die Mängel zu verbessern, muß man sie deutlich sehen. Irren können wir sowohl in unsern Ansichten als in unsern Vorschlägen, aber bei beiden, selbst bei dem Tadel, liegt nur die reinste Absicht, nichts Persönliches, nur Wohlwollen und heißer Wunsch, nützlich zu werden, zum Grunde. Man prüfe, man wähle das Beste!
Sehr groß sind allerdings die Schwierigkeiten bei der Aufstellung eines Verwaltungsplans unter den gegenwärtigen Umständen; denn es fehlt ja überall an festen Anhaltspunkten, allenthalben herrscht noch Ungewißheit, und die Ausführung noch so guter Ideen hängt ja hauptsächlich von äußeren Verhältnissen und von äußerem Druck ab; sie kann durch diese erschwert und gehemmt oder wohl ganz vereitelt werden. Und immer wird es vornehmlich darauf ankommen, welchem Kopfe die Ausführung anvertraut wird und daß dieser, wenn er dem großen, schweren Beruf gewachsen ist, weder in Rücksicht auf den Plan noch auf die Mittel beschränkt sei.


I. Allgemeine Gesichtspunkte.
Die Begebenheiten, welche seit mehreren Jahren unser Staunen erregen und unserem kurzsichtigen Auge als fürchterliche Übel erscheinen, hängen mit dem großen Weltplan einer weisen Vorsehung zusammen. Nur darin können wir Beruhigung finden. Wenngleich unserem Blick nicht vergönnt ist, tief in diesen Plan einzudringen, so läßt sich doch der Zweck dabei vermuten: das Schwache, Kraftlose, Veraltete überall zu zerstören und nach dem Gange, den die Natur auch im Physischen nimmt, neue Kräfte zu weiteren Fortschritten zur Vollkommenheit zu beleben.
Der Staat, dem es glückt, den wahren Geist der Zeit zu fassen und sich in jenen Weltplan durch die Weisheit seiner Regierung ruhig hinein zu arbeiten, ohne daß es gewaltsamer Zuckungen bedürfe, hat unstreitig große Vorzüge, und seine Glieder müssen die Sorgfalt segnen, die für sie so wohltätig wirkt. Die Französische Revolution, wovon die gegenwärtigen Kriege die Fortsetzung sind, gab den Franzosen unter Blutvergießen und Stürmen einen ganz neuen Schwung. Alle schlafenden Kräfte wurden geweckt, das Elende und Schwache, veraltete Vorurteile und Gebrechen wurden - freilich zugleich mit manchem Guten - zerstört. Die Benachbarten und Überwundenen wurden mit dem Strome fortgerissen.

Unkräftig waren alle die Dämme, welche man diesem entgegensetzte, weil Schwäche, egoistischer Eigennutz und falsche Ansicht sie bald ohne Zusammenhang aufführte, bald diesen im gefährlichen Irrtum unterbrach und dem verheerenden Strome Eingang und Wirkung verschaffte. Der Wahn, daß man der Revolution am sichersten durch Festhalten am Alten und durch strenge Verfolgung der durch solche geltend gemachten Grundsätze entgegenstreben könne, hat besonders dazu beigetragen, die Revolution zu befördern und derselben eine stets wachsende Ausdehnung zu geben. Die Gewalt dieser Grundsätze ist so groß, sie sind so allgemein anerkannt und verbreitet, daß der Staat, der sie nicht annimmt, entweder seinem Untergange oder der erzwungenen Annahme derselben entgegensehen muß. Ja selbst die Raub- und Ehr- und Herrschsucht Napoleons und seiner begünstigten Gehilfen ist dieser Gewalt untergeordnet und wird es gegen ihren Willen bleiben. Es läßt sich auch nicht leugnen, daß unerachtet des eisernen Despotismus, womit er regiert, er dennoch in vielen wesentlichen Dingen jene Grundsätze befolgt, wenigstens ihnen dem Schein nach zu huldigen genötigt ist.

Also eine Revolution im guten Sinn, gerade hinführend zu dem großen Zwecke der Veredelung der Menschheit, durch Weisheit der Regierung und nicht durch gewaltsame Impulsion von innen oder außen, das ist unser Ziel, unser leitendes Prinzip. Demokratische Grundsätze in einer monarchischen Regierung: dieses scheint mir die angemessene Form für den gegenwärtigen Zeitgeist. Die reine Demokratie müssen wir noch dem Jahre 2440 überlassen 1, wenn sie anders je für den Menschen gemacht ist.Mit eben der Kraft und Konsequenz, womit Napoleon das französische revolutionäre System verfolgt, müssen wir das unsrige für alles Gute, Schöne, Moralische verfolgen, für dieses alles, was gut und edel ist, zu verbinden trachten. Ein solcher Bund, ähnlich dem der Jakobiner, nur nicht im Zweck und in der Anwendung verbrecherischer Mittel, und Preußen an der Spitze könnte die größte Wirkung hervorbringen und wäre für dieses die mächtigste Allianz. Dieser Gedanke müßte mehr als ein politischer Traum sein, wenn man zumal das Interesse der Bundesglieder auf mehrfache Art dabei ins Spiel zöge, welches sehr möglich ist. Die Mittel würden sich finden. Unter anderen, aber ähnlichen Umständen, jedoch bei einem ganz verschiedenen Zeitgeist revolutionierte Kurfürst Friedrich Wilhelm der Große nach der unglücklichen Epoche unter Georg Wilhelm gleichfalls seinen Staat und legte den Grund zu seiner nachherigen Größe. War aber je ein Zeitpunkt günstig für solche Maßregeln, so ist es unstreitig der gegenwärtige, wo der Staat eine so große Veränderung erlitten hat und nach ganz neuen Grundsätzen handeln, einer gänzlichen Wiedergeburt unterliegen muß.


II. Auswärtige Verhältnisse.
Die Politik zweckmäßig leiten ohne Kraft, ist eine sehr schwere Aufgabe; aber wie viel schwerer wird sie für Preußen unter dem Druck Napoleons, bei der Nähe seiner Armeen, bei der fortgesetzten Gegenwart eines Teils derselben im Lande, bei der Ungewißheit, die über so vielen Dingen schwebt! Selbständigkeit und Independenz sind jetzt leere Namen. Wie gelangen wir wieder dahin? Wie vermeiden wir gänzliche Abhängigkeit? Dieses sind die Fragen, auf die es ankommt und deren Beantwortung nicht leicht ist. Ohne Macht ist keine Selbständigkeit und Independenz, also muß Preußen streben, diese wieder zu erlangen. Still stehen kann es jetzt weniger als je. Es muß sich wieder vergrößern, nicht nur seinen Verlust decken, sondern noch mehr erwerben, oder es sinkt, es geht ganz unter. Die geographische Lage Preußens macht dieses gewiß. Es wird, erhebt es sich nicht, ein Raub seiner mächtigen Nachbarn werden.

Wie und wo Preußen sich wieder vergrößern könne, hängt von künftigen Umständen ab. Wenn nur Kraft da ist, wird es an Gelegenheit nicht fehlen; und wo könnte die Gerechtigkeit der Erwerbung mehr zur Seite stehen, als bei der Zurückforderung des Eigentums oder des Äquivalents, bei dem Ersatz des erlittenen Schadens, bei der Sicherstellung vor dem künftigen? Aber große Klugheit und Konsequenz sind erforderlich, um den Zweck zu erreichen. Die Mobilität der Verhältnisse in der Politik macht es doppelt schwer, ihnen die Maßregeln so anzupassen, daß sie zum Ziel führen. Derjenige, dem dieses Geschäft anvertraut wird, muß jene Verhältnisse genau kennen und sorgfältig verfolgen; in jedem Augenblicke muß er das veränderliche Gemälde sich vollständig vergegenwärtigen, viel Welt- und Menschenkenntnis besitzen sowie die Gabe, mit Menschen umzugehen und auf sie zu wirken; vor allem aber muß er bei seinem Benehmen mit ihnen und im Urteilen und im Handeln den schnellen und richtigen Takt haben, der besser trifft, als die tiefsten und künstlichsten Kombinationen.

Soviel ich einsehe, sollte Preußen folgende Grundsätze befolgen:
1. Vor allen Dingen muß es Kraft sammeln, das Innere in allen Zweigen wohl ordnen und planmäßig in Übereinstimmung bringen, auch sich ohne Zeitverlust wieder zum Kampf rüsten, soweit es die Mittel gestatten, besonders zu dem der Verteidigung. Schnell kann er wieder eintreten, wahrscheinlich wird er es, und dringend nötig ist's daher, in Bereitschaft zu sein. Die Hindernisse hierbei sind unverkennbar und groß, aber man lasse sich nicht abschrecken, sei unaufhaltsam tätig und strebe vorwärts, soweit man kann; denn alles hängt hiervon ab.
2. Man nähre ja nicht den Wahn, neutral bleiben zu können, und hüte sich, dieses System aufzustellen und anzukündigen. Es paßt nicht für Preußens Lage, hat sehr geschadet und ist unter den gegenwärtigen Umständen gar nicht anwendbar. Nur der große, kräftige, durch seine Lage begünstigte Staat kann die Neutralität behaupten und die Verwicklungen vermeiden, die derselben ein Ende machen.

3. Überhaupt zeige man Charakter. Dieser muß dem Staat wieder aufhelfen, so wie der Mangel daran ihn gestürzt hat. Wesentliche Schritte dazu sind geschehen. Preußen hat durch sein Betragen im Unglück und durch treue Beharrlichkeit einen großen Teil der verlorenen Achtung wieder erworben und sich rein gewaschen von den alten politischen Sünden. Man übe eine ehrliche, gerade, treue Politik ohne List und Trug, die entgegengesetzte Napoleons, aber mit großer Konsequenz. Nur dieses kann Vertrauen geben, und nur auf Vertrauen in Rechtlichkeit und Konsequenz kann Achtung gegründet werden, statt deren der Übermächtige Furcht gebietet. Nur Achtung kann dem Staat Ansehen und Sicherheit verschaffen, der durch Furcht nicht imponieren kann. Auch im Unglück kann man Würde behaupten und einen edlen, festen Ton beibehalten.
4. Alle Verwicklungen vermeide man aufs allersorgfältigste und gebe keinen Anlaß zum Streit, damit man Zeit gewinne, sich zu verstärken.

5. Insonderheit ist hierin mit Napoleon die größte Vorsicht nötig, da noch so viele Gegenstände mit ihm auszugleichen sind und er das Messer noch über uns zückt. Vor allen Dingen wende man alles an, die französischen Truppen ganz aus dem Lande zu entfernen, und scheue allenfalls ein neues Opfer nicht, um dahin zu gelangen. Freilich bleiben sie uns nur zu nahe; indes ist doch vorerst viel gewonnen, wenn sie fort sind. Aber um alles in der Welt schmeichle man Napoleon nicht kriechend, wie ehemals. Damit würde man den Zweck gewiß verfehlen, wie wir ihn verfehlt haben. Napoleon weiß recht wohl, was er von solchen Schmeicheleien und Zuvorkommenheiten zu halten hat, und nur seine Achtung kann frommen. Man hüte sich, mit ihm zu streiten, solange es irgend möglich ist; man beleidige ihn nicht, aber auch gegen ihn benehme man sich mit Würde und Festigkeit und Konsequenz. Von sehr guter Hand ist mir versichert worden, daß man in Paris die Briefe des Königs an Napoleon les Élégies de Frédéric Guillaume nannte.

6. Preußen muß sich jetzt Frankreich nicht nähern und sich ja nicht um die Allianz Napoleons bewerben, gegen die er sogar Abneigung geäußert hat. Es muß sich von ihm suchen lassen und nur dahin trachten, zu verhüten, daß er es nicht zwinge, unter seinen Fahnen zu fechten. Nur im Notfall kann Preußen sich mit Frankreich alliieren, und nur dann sollte dieser eintreten, wenn es zugleich mit einer anderen großen Macht, mit Rußland oder Österreich geschähe, also womöglich nie allein, es sei denn, daß es von den anderen Mächten verlassen oder angefallen würde2. Die Folgen einer jeden Allianz mit Frankreich werden immer großer eigener Kriegsaufwand und Schaden durch die alliierten Truppen ohne baren Ersatz sein, von einer Allianz mit Frankreich allein: Abhängigkeit.
7. Dem Rheinbunde muß Preußen ja nicht beitreten, weil es dadurch der Abhängigkeit das Siegel aufdrücken und sich zum Vasallen Napoleons stempeln würde. Es bewahre wenigstens den Schein der Independenz, bis es die Wirklichkeit wieder an die Stelle setzen kann! Selbst angebotene Vorteile dürfen Preußen nicht hierzu bewegen.

8. Laut darf es Preußen jetzt freilich nicht aussprechen, daß es dem französischen System nicht hold ist, aber ebensowenig für solches sich erklären. Dieses würde ohnehin bei Napoleon keinen Glauben finden. Er hat zu wenig Achtung und Rücksicht für Preußen gezeigt, um solchem je wahre Zuneigung zuzutrauen. Es konnte nur dann rätlich sein, sich dem französischen politischen System anzuschließen, wenn es die Not erheischte, wenn der Staat dadurch eine Existenz erhielt, die seine Macht und Unabhängigkeit sicherte; nur dann, wenn dieses noch je der Fall sein könnte, würde sich solches noch rechtfertigen. Jetzt erhalte man vorsichtig bei den übrigen Mächten den Glauben an Konsequenz und Beharrlichkeit in den Grundsätzen, sich selbst aber so wie bei ihnen Vertrauen und Hoffnung auf wechselseitige Hilfe.

9. Rußland hat Preußen schändlich verlassen. Um aber den Charakter der russischen Treulosigkeit, das künftige Benehmen gegen diese Macht und den Grad des Vertrauens richtig zu bestimmen, das man auf sie setzen kann, ist es durchaus nötig, auf die Umstände Rücksicht zu nehmen und auf die Personen, welche dabei gewirkt haben. Sie sind zu bekannt, als daß es erforderlich wäre, hier in eine umständliche Auseinandersetzung hineinzugehen. Der Kraftlose, der ausgerüstet mit großer Macht den Umständen gar nicht gebieten kann und bei dem ersten widrigen Geschick jenen schwach unterliegt, ist und bleibt ein unzuverlässiger Freund; aber man traue ihm nur das zu, wozu sein Charakter berechtigt; man benutze seine gute Absicht und das, was man nach dem Maße seiner Kraft von ihm erwarten kann. Preußen muß Rußlands Nachbarschaft und Macht immer scheuen und schonen. Jetzt muß es solches so fest als möglich an der Allianz und den durch die Bartensteiner Konvention eingegangenen Verbindlichkeiten, an den mündlich und schriftlich so oft und so heilig wiederholten Versicherungen des Kaisers halten, sich desselben als Stütze gegen Frankreich, als Vermittler streitiger Punkte bedienen und von seiner Freundschaft den möglichen Ersatz des erlittenen Verlusts und Erfüllung der übernommenen Verbindlichkeiten fortgesetzt begehren. So manche Betrachtungen müssen ihn bewegen, hierauf Rücksicht zu nehmen, und glücklicherweise fordert es das eigene Interesse seines Reichs. Ob es rätlich sei, die 1808 ablaufende Allianz wieder zu erneuern, läßt sich jetzt noch nicht gewiß bestimmen; die Umstände müssen es ergeben. Indes scheint es allerdings so, vielleicht mit angemessenen Modifikationen.

10. Österreich hat gesäumt, uns zu retten. Wir dürfen ihm darüber keine Vorwürfe machen, weil wir leider 1805 ebenso und viel Ärger handelten, die Erfüllung übernommener Verbindlichkeiten absichtlich verzögerten und dadurch ein Mißtrauen veranlaßten, welches offenbar dazu beigetragen hat, Österreich zurückzuhalten. Aber es wäre auch unpolitisch, deshalb Missvergnügen oder Mißtrauen zu zeigen. Preußens angelegentlliche Sorge muß sein, sich unvermerkt immer mehr an Österreich anzuschließen und die Freundschaft und das Zutrauen dieses Staats zu gewinnen. Eine Vereinigung mit Österreich, England und den anderen minderen Mächten kann noch einmal Europa von der Sklaverei retten.

11. England hat uns auch nicht kräftig und zeitig geholfen; wir sind aber größtenteils Schuld daran. Hätten wir die ersten günstigen Augenblicke benutzt, das Mißtrauen nicht lange durch ganz zweckwidriges Benehmen genährt, so wäre die Hilfe zu rechter Zeit da gewesen, und die Sachen hätten vermutlich überhaupt eine ganz andere Wendung genommen. Englands Freundschaft zu bewahren, ist für Preußen von der äußersten Wichtigkeit, solange die Verhältnisse seines Handels und seines Reichtums bleiben, wie sie jetzt sind. Es ist eine gefährliche Verblendung, der man sich leider auch in Rußland überläßt, daß uns das englische Handelsmonopol schädlich sei. Ohne England können wir unsere Produkte nicht zu Geld machen. Der Handel mit England ist vorteilhaft für Preußen und Rußland. Je blühender er ist, je mehr Gewinn für uns. Überdies kann uns kein Staat Geldhilfe im Kriege gewähren als Eng-land; Preußen kann es aber nicht wagen, sich mit England allein gegen das jetzt so mächtige Frankreich zu verbinden, da jenes auf dem festen Lande kräftige Hilfe durch Truppen zu leisten außerstande ist. Es ist zu hoffen, daß England die abgedrungene Sperrung unserer Häfen dieses Mal nicht so ansehen werde als 1806. Die Umstände sind ganz und gar verschieden. Alles muß angewendet werden, um den Eindruck zu mildern und die nachteiligen Folgen möglichst zu verhüten.

12. Schweden verdient wegen des Charakters seines Königs, wegen dessen letzten schönen Betragens, wegen Preußens obwohl gezwungenen, vertragswidrigen Benehmens gegen dasselbe und endlich wegen der tätigen Hilfe, die von daher vereint mit anderen geleistet werden kann, große Rücksicht, und es ist ratsam, das beste Vernehmen mit solchem zu erhalten.
13. Die Lage Dänemarks hat diesem Staat bis jetzt erlaubt, sich aus dem großen Kampf herauszuhalten. Wie lange es ihm noch glücken werde, ist sehr zweifelhaft3; die Umstände allein können das Benehmen gegen ihn bestimmen.

14. Sachsen wird für Preußen äußerst wichtig. Es wäre meines Erachtens äußerst unpolitisch, Sachsen Rache und Mißfallen zu zeigen, weil es an der Beraubung Preußens teilnahm. Man nehme es, als ob es ganz wider seinen Willen dazu gezwungen sei, suche vielmehr seine Freundschaft und ein vertrauliches Vernehmen mit ihm. Vereint mit Sachsen können wir viel ausrichten, wenigstens viel Böses verhüten; vereint mit Sachsen und Österreich noch weit mehr. Und was kann sich nicht an eine solche Vereinigung einmal für Freiheit und Unabhängigkeit anschließen? Kurz, man zeige Sachsen, daß man gern verschmerze, was dieses uns abnahm, und knüpfe die Bande mit solchem womöglich recht fest. Große Klugheit und Vorsicht ist hierbei nötig, besonders wegen Napoleon. Sehr wichtig, einen recht tüchtigen Gesandten in Dresden zu haben. Eine Vermählung des Prinzen Heinrich K. H. mit der Tochter und Allodialerbin des Königs könnte sehr günstige und wichtige politische Folgen haben.

15. Bayern hat es verdient, gleichgültig und mit Kälte behandelt zu werden. Man zeige ihm aber keinen Haß. Die Umstände können sich ändern, und - wir finden dort einen Freund. Nur diese müssen das Benehmen angeben. Unterdessen suche es uns!
16. Die übrigen deutschen Fürsten des französischen Systems sind ebenso zu behandeln.
17. Dagegen zeige man denen, die es mit Preußen hielten oder doch nicht gegen dasselbe fochten, Teilnahme und helfe ihnen, wo man kann.
18. Allen Untertanen deutscher Fürsten ohne Ausnahme, auch denen, welche solchen angehören, die zur französischen Fahne schworen, zeige man Bereitwilligkeit, ihnen zu nützen, und erwerbe Preußen Liebe, Achtung und Vertrauen, wo es immer möglich ist.
19. In die Händel der Türkei mische man sich jetzt überall nicht, sondern suche vielmehr, sich aus aller Konnexion damit möglichst herauszuziehen. Bei den Plänen Frankreichs und Rußlands, bei dem entgegengesetzten Interesse der anderen großen Mächte kann jede Teilnahme Preußen nur kompromittieren und gefährliche Verwicklungen für dasselbe hervorbringen.

20. Mit Spanien in gutem Vernehmen zu stehen, ist teils wegen des Handels, teils wegen möglicher Hilfe, welche daher einst zu erwarten sein könnte, nicht unwichtig. Portugal kann für Preußen wenig in Betracht kommen.
21. Holland, die italienischen Staaten sind jetzt so gut als zu Frankreich gehörig. Ich übergehe also die Verhältnisse mit ihnen, nur möchte es in mancher Rücksicht nützlich sein, sich in Holland Konnexionen zu erhalten.
22. Ebendieses gilt von der Schweiz, in der man unerachtet des mächtigen französischen Einflusses noch echte Gesinnungen antrifft, die Achtung verdienen und auf die man in vorkommenden Fällen rechnen kann.

23. Auf eine gute Auswahl der Gesandten kommt sehr viel an. Außer vieler Bildung und einem freien Weltton soll der Gesandte nicht nur allgemeine, nicht bloß oberflächliche Kenntnisse besitzen, sondern vorzüglich auch von seinem Vaterlande und dem Staate, bei dem er angestellt ist. Menschenkenntnis, Scharfblick, die Gabe, sich gefällig und seine Meinung durch angenehmen Vortrag geltend zu machen, sind außer reinem Patriotismus, unbestechlicher Integrität und richtiger, schneller Urteilskraft notwendige Erfordernisse. Als Repräsentant seiner Nation muß der Gesandte Zutrauen und Achtung für diese einflößen; er muß genau zu bemerken und zu benutzen verstehen, was seinem Vaterlande vorteilhaft oder nachteilig werden kann. Ich würde niemand zu einem Gesandtschaftsposten anstellen, der nicht seine Laufbahn in inneren Landesgeschäften ruhmvoll angefangen und dann eine Zeitlang bei einer Gesandtschaft fortgesetzt, auch die Welt durch Reisen kennen gelernt hätte. Diese Posten als Pfründen zu betrachten und solche aus bloßer Gunst oder der Veränderungsliebe zu Gefallen oder wohl gar aus Ersparnis unfähigen, dazu nicht besonders gebildeten Männern anzuvertrauen, ist äußerst zweckwidrig und kann nur üble Folgen nach sich ziehen. Ebenso nachteilig ist es, die Gesandten nicht hinreichend zu bezahlen. Ersparnisse in diesem Stücke gehören wie alle die, welche sich auf solche wahren Ehrenausgaben beziehen oder worunter höhere Zwecke leiden, zu den unglücklichen Mißgriffen. Die Mittel zu solchen Ausgaben müssen sich finden, wenn sie nur gehörig gesucht werden. Der Staat erleidet sonst weit empfindlicheren Verlust und verliert an seiner Würde. So wären die Kosten gewiß sehr gut angewendet, welche auf die Bildung der Gesandten nach der vorbeschriebenen Weise, allenfalls zu Reisen der dazu bestimmten Subjekte pp. verwendet würden.

24. Einfluß und Verbindungen im Auslande sind ein notwendiges Bedürfnis der Politik, zumal in unserer kritischen Epoche. Man versäume also nichts, sich beides zu verschaffen und hierin Frankreich mit gleichen Waffen zu begegnen. Die Idee, durch Reisende zu wirken, ist gewiß vortrefflich. Teils könnte man junge Männer, die zu Gesandtschaften bestimmt sind, dazu brauchen; indes müssen diese Reisenden, soll der Zweck erreicht werden, aus mehreren Ständen gewählt und vornehmlich dazu Männer von schon geprüfter Klugheit und Erfahrung genommen, und die ihnen insgeheim zu gebende Anleitung muß nach einem System erteilt werden. Jetzt gleich wären dergleichen Reisen in Deutschland allerdings von Nutzen. Die Opinion zu gewinnen, ist höchst wichtig, und doch vernachlässigt man dieses im In- und Auslande viel zu sehr. Ebensowenig sollte man versäumen, durch gute Schriftsteller auf sie zu wirken; aber auch dieses von Frankreich mit so vielem Erfolg benutzte Mittel hat man mit Gleichgültigkeit entweder gar nicht oder höchst ungeschickt bei der Gegenpartie angewendet. Bestechungen und Spione, im reinen moralischen Zustande verwerflich wie die Brieferbrechungen, sind ein notwendiges Übel und gehören zu den Waffen der Notwehr,da man sich ihrer allenthalben bedient. Es muß nur auf eine zweckmäßige Weise und auch nach einem System geschehen, nicht wie bisher im Preußischen als Werk des Zufalls, ohne Ordnung und nach Willkür.


III. Grundverfassung des Inneren.
Auf einer recht zweckmäßigen Einrichtung der Grundverfassung des Inneren beruht jetzt die Hoffnung und die künftige Existenz des Preußischen Staats. Hier gilt es vor allem, harmonisch mit dem Zeitgeist und dem Weltplan der Vorsehung zu verfahren; und wenn es auch sonst Bedenklichkeiten haben könnte, die Verfassung zu ändern, so verschwinden sie in der gegenwärtigen Lage des Staats. Das Vorurteil predigt zwar immer das Alte. Der stolze Stumpfsinn und träge, unwissende Selbstzufriedenheit werden es weit wegwerfen, das Fehlerhafte und nicht mehr Passende in der bisherigen Verfassung anzuerkennen. Sie werden ihre Stimme laut genug erheben. Aber man höre sie nicht, man schreite mutig fort und räume jedes Hindernis weg mit mächtiger Hand. Nie kann der Zeitpunkt günstiger eintreten. Die Opinion unterstützt das rasche, kräftige Handeln, die Umstände machen es notwendig. Will man den Staat retten, ihn wieder aufblühen sehen, so säume man nicht, die einzigen Mittel dazu zu ergreifen. Ein Phönix erstehe aus der Asche. Der Herr Geh. Finanzrat von Altenstein hat diesen wichtigen Gegenstand vorzüglich schön abgehandelt; ich pflichte ihm aus voller Überzeugung bei und kann mich also desto kürzer fassen. Man schrecke ja nicht zurück vor dem, was er als Hauptgrundsatz fordert, möglichste Freiheit und Gleichheit. - Nicht die regellose, mit Recht verschrieene: die die blutigen Ungeheuer der Französischen Revolution zum Deckmantel ihrer Verbrechen brauchten oder mit fanatischer Wut statt der wahren, im gebildeten gesellschaftlichen Zustande möglichen, ergriffen, sondern nur diese nach weisen Gesetzen eines monarchischen Staats, die die natürliche Freiheit und Gleichheit der Staatsbürger nicht mehr beschränken, als es die Stufe ihrer Kultur und ihr eigenes Wohl erfordern. Nur mit wenig Worten will ich mich über die Hauptpunkte der von Altensteinschen Abhandlung äußern und übrigens auf diese selbst verweisen.

1. Der Adel.
Was der Herr Verfasser in Absicht auf den Adel sagt, hat meine vollkommenste Zustimmung. Unsere Meinung erhält vielleicht dadurch einiges Gewicht mehr, daß wir beide zu dem ältesten Adel gehören. Möge sie beherzigt werden und Eingang finden! Dem Edelmann kann niemand seine Abstammung rauben. Hat er den Vorzug, unter seinen Vorfahren Männer zu erblicken, die sich durch Verdienste auszeichneten, so ist dieses allerdings ein mächtiger Sporn; der Name und das Beispiel sind gewiß nicht gleichgültig. Steht er auf der höheren Stufe, ohne zu wissen, was seinen Voreltern dieses Vorrecht gab, so sei es ihm ein desto stärkerer Antrieb, sich selbst dessen würdig zu machen. Hierin setze er den Wert des Adels; und er ist in der Tat nicht gering. Aber die übrigen Vorzüge, die er bloß zufällig oft vor seinem besseren Mitbürger voraushatte, lasse er willig fahren und bringe sie gern der allgemeinen Gerechtigkeit und der höheren Bildung zum Opfer.

a) Jede Stelle im Staat, ohne Ausnahme, sei nicht dieser oder jener Kaste, sondern dem Verdienst und der Geschicklichkeit und Fähigkeit aus allen Ständen offen. Jede sei der Gegenstand allgemeiner Ämulation, und bei keinem, er sei noch so klein, noch so geringe, töte der Gedanke das Bestreben: dahin kannst du bei dem regsten Eifer, bei der größten Tätigkeit, dich fähig dazu zu machen, doch nie gelangen. Keine Kraft werde im Emporstreben zum Guten gehemmt! Man hat den Gedanken gehabt, den Adel mit gewissen höheren Stellen, auch für Bürgerliche, bloß persönlich zu verbinden. Ich kann diesem aus mehreren Gründen nicht beistimmen. Bleibt man dabei stehen und räumt die Scheidewand, welche den Adel und die übrigen Stände trennt, nicht gänzlich weg, so hat man eine unglückliche, halbe Maßregel gewählt, die den Zweck nicht erreicht. Dann würde solches gewissermaßen eine neue Erteilung des Adels in sich fassen, die ich nur dem ganz entschieden ausgezeichneten Verdienst vorbehalten zu sehen wünschte.

b) Das alleinige Vorrecht des Adels zu dem Besitz der sogenannten Rittergüter ist, wie der Herr von Altenstein richtig ausgeführt hat, so schädlich und so wenig mehr für unsere Zeiten und Verfassungen passend, daß die Aufhebung desselben durchaus notwendig ist sowie die aller übrigen Vorzüge, welche die Gesetze bisher bloß dem Edelmann als Gutsbesitzer beilegten.

c) Den privilegierten Gerichtsstand kann man dem Adel unbedenklich als eine bloß persönliche Auszeichnung lassen, zumal da er sie mit einer großen Anzahl von anderen Staatsbürgern gemein hat.

d) In Absicht auf die Freiheit von Abgaben treten verschiedene wichtige Betrachtungen ein. Eine völlige Gleichheit sollte aus vielen Gründen auch hierbei stattfinden. Der Adel leistet die Dienste nicht mehr unentgeltlich und mit beträchtlichem Kostenaufwande, weshalb er befreit blieb. Gerechtigkeit fordert seine Beiziehung zu den Staatslasten und ihre gleichheitliche Verteilung. Die Opinion heischt sie laut, und der Bürger und Bauer, deren Grundstücke belastet sind, wird immer scheel sehen zu den befreiten des Edelmannes. Auf der anderen Seite ist Gleichheit in der Belastung der Grundstücke nie zu erreichen, da die Ungleichheit auf gar zu mannigfaltige Weise entsteht und ihr selbst nicht ohne höchst nachteilige Beschränkung der natürlichen Freiheit entgegengearbeitet werden kann. Die Belegung bisher befreiter Grundstücke mit Abgaben ist ferner eine willkürliche Veränderung des Eigentums und ein Eingriff in dasselbe, bei welchem nicht nur der Besitzer, sondern auch derjenige gefährdet wird, der auf Treue und Glauben sein Kapital diesem Eigentum anvertraute. Die Anfertigung neuer Kataster ist sehr weitläuftig und langwierig; während derselben verändern sich die Verhältnisse, und aus vielen Gründen wird der Zweck einer gleichen Besteuerung dennoch verfehlt, indes allgemeine Unzufriedenheiten und schädliche Störungen entstehen.

Auf der anderen Seite verdient allerdings die Opinion große Rücksicht; es läßt sich auch nicht leugnen, daß eine neue Katastrierung wenigstens doch eine größere Gleichheit der Besteuerung bewirken werde und, wenn man sie einfach macht und nur nicht eine zu große Genauigkeit beabsichtigt, an Schwierigkeit und Langwierigkeit verliert, - daß sich bei der neuen Katastrierung und Beiziehung aller befreiten Grundstücke eine neue, reiche Quelle für die Staatseinkünfte eröffnen wird, wenngleich diejenigen, welche die Befreiung wegen ihrer dem Staat zu leistenden Dienste genießen, entschädigt werden, - daß viele Gutsbesitzer gewinnen, wenn sie dagegen Gewerbe treiben können, die bisher nur dem Städter vorbehalten waren, - endlich, daß die Besorgnis für den Kapitalisten vielleicht übertrieben ist. Die Sache ist so äußerst wichtig, daß sie die sorgfältigste Prüfung erfordert und ich mich hier darauf beschränke, diese anzuraten und anheimzustellen, ob man nach solcher sich entweder für eine neue Katastrierung und Zuziehung aller bisher befreiten Grundstücke zu den Abgaben entscheiden oder nur festsetzen will, daß bei allen künftigen Auflagen die befreiten Grundstücke gleichheitlich mit allen übrigen belegt werden sollen. Für die Opinion wird schon dadurch viel gewonnen, wenn nicht bloß der Edelmann, sondern ein jeder das Recht erhält, befreite Grundstücke zu erwerben. Die Befreiung von persönlichen Abgaben muß durchaus aufhören, wo sie noch ist, und ihre Entrichtung gleich sein.

e) Daß die Vorrechte des alten Adels zu Stiftsstellen, geistlichen Ritterorden pp. wegfallen, finde ich sehr angemessen. Familienstiftungen können bleiben oder, wo die Hauptstiftung zum Besten des Staats aufgehoben wird, Ersatz auf andere Weise erhalten. Diese Hauptstiftungen oder ihre Pfründen verwende der Staat zu milden, wohltätigen Bedürfnissen oder zur Belohnung von Verdiensten.
f) Neue Adelserteilungen, darunter ich auch die Erhebungen in den Grafen- und Fürstenstand verstehe, würden als die ausgezeichnetste Belohnung vorzüglicher Verdienste um den Staat anzusehen und über die Erteilung der Orden zu setzen sein, weil ihre Wirkung auf die Erben geht. Sie müßten nicht anders geschehen, als nach dem Ausspruch eines zu konstituierenden Ehrengerichts, das in allem Betracht ehrwürdig sein müßte, und sollten dem ersten Erwerber einen höheren Rang als den des Geburtsadels geben. Überhaupt gehört eine vernünftige Rangordnung, die nicht einen Stand vor dem anderen begünstigte, sondern den Staatsbürgern aller Stände ihre Stellen nach gewissen Klassen nebeneinander anwiese, zu den wahren und keineswegs zu den außerwesentlichen Bedürfnissen eines Staats. Dem König bleibe der Entschluß, ob er den Adel nach seinen verschiedenen Graden erteilen wolle oder nicht, aber es werde unabweichliches Gesetz, daß niemand diese Auszeichnung erhalte, den das Ehren-gericht nicht für würdig erklärte; dieses müßte das Recht haben, Würdige vorzuschlagen; ja man könnte gestatten, daß diejenigen, welche sich Ansprüche darauf erworben zu haben glaubten, sich bei dem Ehrengericht meldeten und die Beweise davon beibrächten, bei deren Prüfung aber die strengsten Regeln beobachtet werden müßten.

So wie übrigens Verdienste die Erteilung des Adels bewirkten, so müßten auch Vergehungen gegen den Staat oder andere unwürdige Handlungen den Verlust des Adels nach sich ziehen, und auch hierüber müßte das Ehrengericht entscheiden und dem Könige den Ausspruch zur Bestätigung vorlegen. Es liegt auch gar nichts Hartes darin, daß die nachher geborene Nachkommenschaft eines solchen Mannes den Adel entbehre. Den Geburtsadligen belebe das Andenken an seine Vorfahren und an seinen Namen zum Eifer für das Große und Edle; die, deren Väter den Adel verscherzten, mögen darin einen mächtigen Trieb finden, ihn sich und ihren Nachkommen wiederzuerwerben. Das Ehrengericht könnte zuerst aus Mitgliedern bestehen, die der König wählte, etwa aus zwölf Mitgliedern und einem Präsidenten, dem Ältesten unter dreizehn. Künftig wählte es aber seine Glieder selbst und hätte auch das Recht, solche, die sich unwürdig machten, auszuschließen. Man könnte füglich noch mehrere Zwecke mit diesem Ehrengericht verbinden, z. B. den Ausspruch in Ehrensachen statt der dagegen mit Infamie zu belegenden Duelle pp. Nur noch ein Wort über Napoleons Meinung und Benehmen in Absicht auf den Adel. Von dem Geburtsadel, von dem Adel, wie er bei uns ist, ist bei ihm eigentlich nicht die Rede. Zwar suchte er Personen aus den ältesten Familien vorzüglich an seinen Hof zu ziehen, aber das geschah teils aus Eitelkeit, weil es ihm, dem aus dem Staube sich Emporgehobenen, schmeichelte, teils um den ehemaligen Adel zu gewinnen. Die Begünstigten, der gegenwärtige Adel bei ihm, sind seine Gehilfen und Kampfgenossen, die er teils fürchtet, teils zu weiterer Hilfe nötig hat.

2. Der Bürgerstand.
Dadurch, daß einem jeden der Zugang zu allen Stellen, Gewerben und Beschäftigungen eröffnet wird, gewinnt der Bürgerstand und muß dagegen auch seinerseits auf alles Verzicht leisten, was andere Stände bisher ausschloß.

3. Der Bauernstand.
Der zahlreichste und wichtigste, bisher allerdings am mehrsten vernachlässigte und gedrückte Stand im Staat, der Bauernstand, muß notwendig ein vorzüglicher Gegenstand seiner Sorgfalt werden. Die Aufhebung der Erbuntertänigkeit müßte durch ein Gesetz kurz und gut und sogleich verfügt werden. Ebenso wären die Gesetze zu widerrufen, wodurch der Bauer verhindert wird, aus dem bäuerlichen Stande herauszutreten. Die Militärverfassung wird, wenn bei derselben richtige Bestimmungen angenommen werden, hierunter nicht leiden. Man erleichtere ferner dem Bauern die Erlangung des Eigentums, es sei in Rücksicht auf neue Erwerbungen oder auf die Abkaufung der gutsherrlichen Rechte. Die Fronverfassung aufzuheben, ist nicht notwendig. Oft ist sie nicht nur nicht lästig, sondern sogar dem Dienstpflichtigen vorteilhafter als eine Geldabgabe, nachdem die Lokalumstände sind. Veränderungen hierin überlasse man der freiwilligen Übereinkunft und begünstige sie nur durch die Gesetze, indem man die Grundsätze bestimmt, nach denen die Naturaldienstleistung abgekauft werden kann. Der Willkür und dem Drückenden setze man Schranken durch feste Bestimmungen.

Den größten und schädlichsten Druck verursachen aber die Kriegs- und Dienstfuhren oder der sogenannte Vorspann, weil er den Bauern nötigt, aufs Ungewisse mehr Zugvieh zu halten, als er bedarf, weil er dadurch oft auf mehrere Tage in seinen Arbeiten gestört und von seinem Hofe entfernt wird, weil endlich diese Last so ungleich auf das Land verteilt ist. Diesem Übel, welches eins der größten Hindernisse der Industrie des Landmanns ist, muß kräftig abgeholfen werden, ohne die unnützen Weitläuftigkeiten und Schwierigkeiten zu beachten, welche man der guten Sache in den Weg gelegt hat. Die Mittel, in Friedenszeiten den Vorspann zu ersetzen, werden sich leicht finden; man wird sie gleichheitlich und gerecht auf das Land verteilen können. In Kriegszeiten müssen alle Kräfte dem Staat zu Befehl stehen, und auch in diesem Betracht werde ich bei dem Militärwesen einer Einrichtung gedenken, welche jede Bedenklichkeit heben würde.

Um dem Bauernstande aufzuhelfen, ist ferner durchaus erforderlich, daß der Staat die Aufhebung der Gemeinheiten, der nachteiligen Servituten, der Natural-Fruchtzehnten pp. durch eine verbesserte Gesetzgebung mehr begünstige, die Hindernisse, welche Vorurteil und pedantische Förmlichkeit in den Weg legen, ernstlich beseitige und die Grundsätze, nach welchen verfahren und die Loskaufung geschehen soll, gleichfalls fest bestimme. Kein Staat hat hierüber bessere Verordnungen als Dänemark; auch hat kein Staat größere Fortschritte in diesen Dingen gemacht als dieser. Beispiel bei den Domänenbauern wird im Preußischen Staate, wo der Domänen so viele sind, die größte Wirkung hervorbringen. Es wird nötig sein, das Widerspruchsrecht des Bauern bei allgemeinen Einrichtungen zu seinem Besten, z. B. bei Teilungen der Gemeinheiten, Ausbauung der Höfe auf den Grundstücken der Eigentümer pp., sehr zu beschränken.

4. Herstellung des Zusammenhanges der Nation mit der Staatsverwaltung.
Die Nation mit der Staatsverwaltung in nähere Verhältnisse zu bringen, sie mehr damit bekannt zu machen und dafür zu interessieren, ist allerdings heilsam und nötig. Die Idee einer Nationalrepräsentation, so wie sie von dem Herrn von Altenstein gefaßt ist, ohne Abbruch der monarchischen Verfassung, ist schön und zweckmäßig. Der Begriff gefährlicher Nationalversammlungen paßt nicht auf sie. Durch die Amalgamierung der Repräsentanten mit den einzelnen Verwaltungsbehörden wird sie den Nutzen gewähren, ohne den Nachteil zu haben. Sie soll keinen besonderen konstitutiven Körper, keine eigene Behörde bilden.

Es wird darauf ankommen,
1) die Prinzipien auf angemessene Weise zu bestimmen, nach welchen die Wahlen vorzunehmen sind, nicht nach den Ständen, sondern aus allen Ständen von den Kommunitäten; wie diese zu konstituieren und wie von ihnen die Wahlen vorzunehmen sein würden;
2) welchen Behörden Repräsentanten zuzugeben sind. Meines Erachtens würden die Kommunitätsverwaltungen und Obrigkeiten bloß aus Gewählten bestehen; den Kreisvorstehern, den Verwaltungskammern, dem Ministerium neben dem König selbst würden Repräsentanten beigegeben;
3) die Qualifikation festzusetzen, welche eine jede dieser Gattungen von Repräsentanten haben muß, sowie die Art ihrer Nachweisung;
4) ihre Legitimation; sie müßten Vollmachten haben, aber keine Instruktionen; sie folgen ihren Einsichten;
5) ihren Wirkungskreis beraten und auf ihre Kommittenten wirken. Bei den Kommunitätsbehörden führten sie die Verwaltung allein und mit vollem Stimmrecht, bei den Kammern würde ihnen eine Dezisivstimme gleich den übrigen Gliedern, bei den Kreisvorstehern, weil diese bloß exekutiv handeln sollen, und bei dem Ministerium nur eine Konsultativstimme zugeeignet.

6) Ihre Zahl richtete sich bei den Kommunitäten nach den Umständen und Lokalerfordernissen, aber bei den Verwaltungskammern wäre sie gleich der der Königl. Räte. Die Präsidenten und Direktoren setzte der König allein. Bei jedem Kreisvorsteher wären zwei Repräsentanten hinreichend. Der Kreisvorsteher würde dagegen künftig nicht mehr aus dem Adel gewählt, sondern vom Könige, ohne Rücksicht auf den Stand. Bei dem Ministerium könnten drei Repräsentanten den Beisitz haben. Ihnen müßte der freie Zutritt zu der Person des Königs, auch allein, stets offen stehen.
7) Die Dauer der Funktion möchte auf drei oder sechs Jahre zu bestimmen und dann zu einer anderweitigen Wahl zu schreiten sein, wobei jedoch der bisherige Repräsentant wieder erwählt werden könnte.
8) Die Belohnung müßten diese bloß in dem Verdienst um das Vaterland und in der Ehre setzen; sonst wird allerdings der Zweck verfehlt, und der Nachteil bleibt, daß bloß besoldete Diener das Schicksal des Staats in Händen haben. Wie tief müßte die Nation stehen, in der sich nicht so viele Männer fänden, die bereit wären, wenigstens einige Jahre hindurch den bloßen Forderungen der Ehre und des Patriotismus zu genügen!4

5. Herstellung des möglichst freien Gebrauchs der Kräfte der Untertanen aller Klassen.
Aus dem Hauptgrundsatze, daß die natürliche Freiheit nicht weiter beschränkt werden müsse, als es die Notwendigkeit erfordert, folgt schon die möglichste Herstellung des freien Gebrauchs der Kräfte der Staatsbürger aller Klassen. Über den zu erleichternden Besitz der Grundstücke ist schon oben das Nötige gesagt; auch ihre Benutzung muß frei sein, und die Hindernisse, welche man ihr so häufig in den Weg gelegt hat, im Wahn, das Wohl des Staats zu befördern, müssen weggeschafft werden, sei es durch Aufhebung übel gewählter Polizeigesetze oder schädlicher Vermischungen der Eigentumsrechte. Die Ausübung persönlicher Kräfte zu jedem Gewerbe oder Handwerk werde frei und die Abgabe darauf gleich in den Städten und auf dem Lande. Die Abschaffung der Zünfte und der Taxen, wo nicht auf einmal, doch nach und nach, so wie der Herr von Altenstein es angibt, würde festzusetzen sein sowie die möglichste Beseitigung aller älteren Monopole. Neue würden nicht erteilt. Vorzüglich aber ist es nötig, sich auch mit der Abschaffung der Zwangsrechte, als des Mühlen-, Brauzwangs pp., zu beschäftigen. Die Lästigkeit und der Druck derselben sind anerkannt, und es kommt nur darauf an, eine Entschädigung dafür auszumitteln, deren Ausfindung wohl nicht fehlen kann.

6. Abschaffung aller Polster der Trägheit.
Alle Pfründen, die mit gar keiner Dienstleistung verknüpft oder nicht Belohnung wegen geleisteter Dienste sind, sollten unstreitig ganz wegfallen, also vornehmlich die Stiftsstellen, geistlichen Ritterorden pp. Über die Verwendung ihres Einkommens ist schon oben etwas erwähnt worden.

7. Hilfsmittel.
Daß man dem Provinzialcharakter nicht Gewalt antun und aus Sucht, alles in eine Form, besonders in eine nicht passende, zu zwingen, nicht überall alle Einrichtungen und Vorschriften auf gleiche Weise geltend machen müsse, damit bin ich vollkommen einverstanden. Doch scheint es mir weise, dem Ganzen einen einzigen Nationalcharakter aufzuprägen und nach und nach, jenen Maximen unbeschadet, dahin zu arbeiten, welches auch ohne Zwang geschehen kann. Die Verwaltung nach Provinzen würde ich diesemnach nicht beibehalten, die Verwaltungsdepartements nach den natürlichen Verhältnissen abteilen und benennen und einem jeden eine Kammer vorsetzen. Der ganze Staat heiße künftig Preußen. In diesen Namen fließe der eigentliche Preuße, der Pommer, der Brandenburger zusammen; der König nenne sich bloß König von Preußen und nehme das einfache Wappen davon an, zumal da er so manche alte, treue Provinz aus Titel und Wappen wird weglassen müssen. Werden die Nationalfeste zweckmäßig eingerichtet und bei schicklichen Gelegenheiten gefeiert, so können sie von Nutzen sein. Hierauf aber kommt alles dabei an.

8. Schluß.
Ich bin endlich mit dem Herrn von Altenstein nach der innigsten Überzeugung einverstanden, daß nur eine Radikalkur unserer Verfassung dem Staat wieder neues Leben geben und ihm solches erhalten könne. Möge man sie doch nicht scheuen und mit starker Hand die nötigen Maßregeln - ja keine halben - ergreifen! Hindernisse werden sich genug auftürmen, aber sie werden zusammenfallen, wenn man ohne Weitläuftigkeit und mit Mut auf sie los geht. Sie mögen in der vorigen Verfassung, in angeblichen ständischen Rechten, oder wo es auch sei, liegen, man bekämpfe sie rasch und fest! Zeit ist nicht zu verlieren. Man übertrage die Ausführung nicht großen zusammengesetzten Kommissionen, frage nicht viele Behörden. Selbst das Gutachten der Gesetzkommission dürfte dieses Mal nicht zu fordern sein. Wenige einsichtsvolle Männer müssen die Ausführung leiten. Einzelne Unzufriedene werden sich finden, aber sie werden von der Menge der Zufriedenen und Vernünftigen gewiß sehr leicht verdrängt werden, und vor dem Segen dieser letzteren wird ihre Stimme bald verstummen.


IV. Militärwesen.
Ohne ein recht kräftig organisiertes, stets schlagfertiges Militär kann der Preußische Staat nicht wieder emporkommen. Er sollte ein Militärstaat sein, ja das Dasein des Militärs schien, wie der Herr von Altenstein sehr richtig sagt, der Zweck des Staats. Wieviele andere wichtige Rücksichten mußten nicht immer den militärischen weichen! Sie legten der Industrie und der natürlichen Freiheit so manche Fesseln an, und man suchte es immer dadurch zu rechtfertigen, daß Preußen ein militärischer Staat sei; - die Benennung war freilich geblieben, aber wie weit war man von der Sache! Noch mehr als bei anderen Dingen, wenigstens mit noch mehr Selbstgenügsamkeit und Vorurteil für das Alte war man stehen geblieben, während andere fortschritten, besonders Frankreich. Bei aller Gemächlichkeit und Liebe zur Ruhe des Friedens war man stolz auf die Heldentaten der Vorfahren, unbekümmert, selbst ihrem Beispiele zu folgen oder ob dieselben Mittel noch dazu tauglich wären, die man aus dem Siebenjährigen, durch Friedrichs Glück und Genie so glorreich bestandenen Kriege anpries.

Schon in der polnischen und der Rheinkampagne war sein Geist von der Armee gewichen. Tapferkeit und Ehrliebe waren wohl noch herrschend, aber der General und der Offizier politisierten. Kabalen, um den Frieden zu erzwingen, traten im Hauptquartiere an die Stelle weiser, kräftiger Operationspläne. Die Tendenz, welche eine Armee haben muß und die allein den Sieg bringt: Krieg und Kriegsruhm, war nicht herrschend. Bequemlichkeit und Neigung zur Häuslichkeit, die, so schön sie ist, der Soldat vorzüglich der höheren Pflicht und dem hohen Ehrgefühl nachordnen muß, nahmen bei dem langen Frieden und dem friedfertigen, dem Krieg zur rechten Zeit stets ausweichenden Geist der Regierung immer mehr überhand, insonderheit bei den älteren und so vielen verheirateten Offizieren. Mangel an nötiger Strenge im Dienst, zu wenig Sporn und Aufmunterung für Talent und wahre nützliche militärische Tätigkeit wirkten nachteilig. Mehrere unserer gelehrten Offiziere stifteten großen Schaden durch ihr Mißtrauen in unsere militärische Kraft und durch unweise Begründung und Verbreitung desselben, anstatt daß sie vorzüglich hätten dahin streben sollen, daß man das wegschaffte und verbesserte, was jene Kraft lähmte. Der militärische Haushalt, der, man sage zu dessen Verteidigung, was man will, der nagende Wurm am Guten ist, die fehlerhafte Einrichtung, daß der Kapitän mehr dabei interessiert ist, daß es Frieden als Krieg sei, mußten bei der größeren, immer zunehmenden Teuerung doppelt nachteilig werden und Knickerei und die schädlichsten Ersparnisse hervorbringen.

Diese fanden überhaupt bei dem ganzen Militärwesen statt. Im Verhältnis mit dem, was der Staat für das Militär aufbrachte, war alles überspannt; alles war nach den Preisen eingerichtet, wie sie vor beinahe hundert Jahren waren. Statt die gehörigen Mittel anzuwenden, um ein richtiges Gleichgewicht herzustellen, wozu die Kräfte des Staats bei richtigen Maßregeln neue Quellen darbieten konnten, spannte man alles immer mehr an. Das größte Verdienst, das beständige Streben war Sparen. Hierauf und auf das Rechnungswesen gingen die Bemühungen der verschiedenen Departements des Ober-Kriegskollegiums. An äußerer Schönheit hatte die Armee beträchtlich gewonnen, aber bei vielen wesentlichen, zum Kriege gehörigen Dingen waren sehr große Mängel. So waren z. B. die Festungen nicht im Stande und für ihr Approvisionnement nicht im voraus gesorgt. Die heilsamen Pläne zu einer inneren Landesverteidigung waren durch unnütze Schwierigkeiten und weitläuftige Deliberationen aufgehalten worden und nicht zustande gekommen; ebensowenig so manche nützliche Veränderung, die man bei dem Train, der Verpflegung und anderen Hilfsgegenständen beabsichtigte. Die Waffendepots und Fabrikationen waren nicht gehörig im Lande verteilt, auf ihre eventuelle Fortschaffung hatte man nicht Bedacht genommen. Wie lange sah man die Gefahr, mit Frankreich in einen Krieg zu geraten, vorher, und dennoch waren nicht einmal Magdeburg und Spandau im Verteidigungszustande. Einzelne Proben von Mut und Patriotismus haben bewiesen, daß diese Tugenden im preußischen Heere nicht erstorben waren, aber Unglück und unverantwortlich schlechtes und feiges Betragen haben dennoch dem Militär Achtung und Vertrauen entzogen, und diese wiederzugewinnen, ist das erste und dringendste Bedürfnis. Eine gänzliche Umänderung und Entfernung der stattgefundenen Mängel bahnt hierzu den Weg am besten.

1. Zahl und Komposition der Armee. a) Reguläre Truppen, b) Landregimenter oder Reserve, c) Landaufgebot, Volontärkorps.
Es ist durchaus nötig, gleich wieder so viel Streitkräfte beisammen zu haben, als irgend möglich ist, da der Fall, wo ein neuer Krieg unvermeidlich würde, sehr leicht und schnell wieder eintreten kann. Eine Macht zu organisieren, die keinen Reiz abgebe, eine Wirksamkeit nach außen von ihr zu fordern, wie der Herr von Altenstein wünscht, scheint mir nicht wohl möglich. Sie sei noch so klein an regulären Truppen, man wird sie, wenn man ihrer bedarf, doch mit ins Spiel ziehen und mit sich fortzureißen wissen. Daß mit den Mitteln, die der Staat jetzt auf das Militär wenden kann, so viel Streitkräfte als möglich aufgestellt werden, das ist's, worauf es ankommt. Um diesem so wichtigen Gegenstande durch richtige Bestimmungen zu genügen, muß auf die gegenwärtige Bevölkerung Rücksicht genommen werden und auf dasjenige, was der Staat an Geld und anderen Bedürfnissen aufzubringen vermag. Beides, besonders das letzte, welches eine sorgfältige und einsichtsvolle Prüfung unserer Ressourcen erfordert, kann ich hier nicht genau angeben; ich muß mich begnügen, ein ungefähres Kalkul hinzuwerfen. Angenommen, daß wir noch 5 bis 6 Millionen Menschen haben und daß von 40 einer Soldat sei, können noch 125000 bis 150000 Mann gestellt werden. Man rechnete, wenn ich nicht irre, 40000 Seelen auf einen Regimentskanton, aber mehrere derselben hatten bei weitem nicht so viel.

Bei der neuen Einrichtung rechne ich gar nicht auf Ausländer, aber auch nicht auf die Fortdauer der bisherigen Exemtionen; folglich kann ich wohl mit Gewißheit 150000 Mann ansetzen. Soviel reguläre Truppen zu halten, wird der Finanzzustand schwerlich erlauben. Infanterie ist leicht vermehrt oder formiert, bei der Kavallerie erfordert dieses weit mehr Zeit. Man beschränke sich also in Absicht auf erstere auf einen Stamm und halte von letzterer mehr, als im Verhältnis zu diesem erforderlich sein würde; die Kompagnien können künftig, wenn es nötig und möglich ist, bald verdoppelt werden, und so nützlich es mir scheint, die Zahl der Offiziere und Unteroffiziere dabei so stark als möglich anzunehmen, so würde es doch wohl nicht nötig sein, die volle Zahl anzustellen, die bei einer dereinstigen Vermehrung erforderlich wäre. Aus den formierten und eingeübten Korps lassen sich schnell Stämme zu neuen nehmen. An regulären Truppen würden vielleicht 45000 Mann Infanterie und 25000 Mann Kavallerie anzunehmen sein und dazu die nötige Artillerie, Ingenieurs, Mineurs, Sappeurs, Pontonniers pp. Außerdem aber würde ich 80000 Mann Infanterie Reservetruppen oder Landregimenter vorschlagen. Und um die Verteidigung desto sicherer zu machen, würde ich die ganze Volksmasse daran teilnehmen lassen und dafür mehr zu interessieren suchen. Zu dem Ende wären die Städte und das Land, auf diesem vornehmlich Gutsbesitzer und Beamte, aufzufordern, freiwillige Korps zu errichten, nicht um auswärts gebraucht zu werden, sondern bloß um zur Beschützung des eigenen Herds zu dienen.

Wird die Sache gehörig angegriffen, so würde auf diese Weise, glaube ich, eine große Anzahl herauskommen. Immer würden solche Korps von Freiwilligen einem gezwungenen Landesaufgebot weit vorzuziehen sein; also versuche man es wenigstens. Man ehre sie nur recht, und bald wird es eine Ehre werden, zu ihnen zu gehören. Nach den Umständen könnte man auch die Zusammenstellung von Kavalleriekorps gestatten, wo sich Geneigtheit dazu fände. Überhaupt müßte man dem freien Willen bei dieser Bewaffnung einen recht großen Spielraum lassen. Sollten auf diese Weise nicht wenigstens 100000 bewaffnete Männer im ganzen Staat auf-treten? Hiernach würde eine bewaffnete Macht von 150000 Mann, die im Notfall gleich offensiv operieren, und zur Verteidigung von 250000 Mann entstehen, ohne Artillerie pp. Die Stellung der 100000 Freiwilligen würde mit dem oben angenommenen Verhältnisse zur Population zu vereinigen sein, da sie nur aus bereits Ausgedienten erfolgen würde und diejenigen, bei denen dieses der Fall nicht wäre, von der Verpflichtung zu wirklichen Kriegsdiensten durch die Eigenschaft als Freiwilliger nicht befreit werden dürften.
Zur Verteidigung unserer langen Seeküste und Binnenwasser würde es sehr zweckmäßig sein, eine wohleingerichtete Schärenflotte, deren Kosten nicht sehr beträchtlich sein könnten, zu unterhalten und sie durch Werkverständige zum Dienst zu bilden.

2. Verpflichtung zum Kriegsdienst.
Die Militärkonskription würde ganz umgeändert. Alle bisherigen Exemtionen ohne Ausnahme würden aufgehoben. Jeder, der nicht auf andere Weise im Dienst des Staats angestellt ist, müßte zum wirklichen Kriegsdienst in den regulären und den Reservetruppen verpflichtet sein. Man mache aber aus dem Soldatenstande einen wahren Ehrenstand. Nur der unbescholtene Ausländer, der sich freiwillig anbietet, werde darin aufgenommen und dann als Einländer behandelt. Der Regel nach rechne man nicht auf Ausländer. Man dulde keinen Soldaten, der sich eines schimpflichen Vergehens schuldig gemacht hat, z. B. keinen Dieb, und schließe ihn noch vor der Bestrafung aus. Jede entehrende Strafe, die Stockprügel, das Gassenlaufen pp., fallen weg. Der gemeine Soldat werde strenge, aber mit Achtung behandelt. Kein Deserteur werde wieder angenommen, aber Schande und Strafe verfolge ihn. Das Kriegsrecht muß revidiert und abgeändert werden. Die Dienstzeit bestimme man kurz, damit der Zwang nicht drückend werde, auf sechs Jahre. Wer aber länger, ja solange dienen wollte, als er nicht unfähig wäre, dem gestatte man es nicht nur, man gebe ihm nach der Länge der Dienstzeit Auszeichnung, allenfalls, wenn es der Staat vermag, höheren Sold.

Ebenso dem Ausländer, dem man seine Kapitulation treu halten muß. Damit auch dem besonderen Talent und der entschiedenen Neigung für eine andere Bestimmung die Möglichkeit bleibe, alle Zeit hierauf zu wenden, obzwar nur die von sechs Jahren ihnen zum Teil entzogen würde, so gestatte man die Befreiung von der Verpflichtung gegen Stellung eines anderen, noch völlig rüstigen Mannes, der aber unter denen notwendig gewählt werden müßte, die ihre eigene Verpflichtung schon erfüllt hätten. Man könnte hierbei auch, um nicht zu alte Soldaten zu bekommen, gewisse Jahre bestimmen. Ich würde raten, jeden ohne Ausnahme erst zwei Jahre bei den Reservetruppen und dann vier bei den regulären dienen zu lassen. Auch die Edelleute, die Offizierssöhne würden mit zur Konskription gezogen. Aus denen, die bei den Reservetruppen zwei Jahre gedient hätten, würden die regulären Regimenter, sowohl Infanterie als Kavallerie, Artillerie, leichte Truppen pp., komplettiert und dabei die Mannschaften nach ihrer Tauglichkeit zu dem verschiedenen Dienst verteilt, ohne den Regimentern gewisse Kantons zu geben, welche bei den Reservetruppen stattfinden würden. Die schönsten könnten zu einer besonderen Gardedivision gewählt werden, bei den übrigen aber müßte man schlechterdings auf Schönheit und Größe nicht sehen, sondern bloß auf die übrigen Eigenschaften eines guten Soldaten, vorzüglich auf Brauchbarkeit und Kraft. Niemand, von welchem Stande er auch sei, würde gleich Offizier oder Unteroffizier; die sogenannten Junker müßten wegfallen und ein jeder als Gemeiner bei den Reservetruppen anfangen. Nach ausgedienten sechs Jahren müßten auch diejenigen abgehen können, die Offiziere geworden wären, denn bis dahin dauerte nur ihre Verpflichtung.

3. Avancement und äußere Auszeichnung.
Die Aussicht zum Avancement müßte durchaus für alle Soldaten gleich sein; allenthalben gleiche Nacheiferung, gleiche Belohnung und ehrenvolle Auszeichnung. Die Unteroffiziere würden von den gemeinen Soldaten nach der Mehrheit gewählt, die Offiziere des ersten Grades von den Unteroffizieren, beides bei jeder Vakanz und unter dem Vorsitz des Chefs und der Stabsoffiziere. Für Fremde könnte der König in jedem Regimente sich ein paar Stellen vorbehalten. Bei allen höheren hinge das Avancement bloß von ihm ab. Ob dieses wie bisher bis zum Stabsoffizier bloß in den Regimentern bleiben oder sich auf Divisions erstrecken solle, würde näher zu prüfen sein. Anciennität wäre der Titel zum Avancement, aber nur das Verdienst entschiede, besonders bei den Chef- und Kommandeurstellen, wo das Dienstalter gar nicht in Betracht kommen müßte, sondern bloß die Tauglichkeit5. Es müßte einzelnen oder mehreren erlaubt sein, bei dem Ehrengericht Untersuchungen und Aussprüche gegen solche zu veranlassen, die sich unwürdig gemacht hätten, im Korps zu dienen. Würden sie schuldig befunden, so müßte sie der König entlassen. Anklagen aus böser Absicht würden scharf bestraft. Bei den Korps der Freiwilligen müßten alle Stellen ohne Ausnahme durch Wahl besetzt werden, die Chefs dieser Korps nicht ausgenommen. Nur die Generale, wenn es nötig würde, ihnen solche vorzusetzen, erwählte sodann der König.

Bei allen Wahlen, auch bei denen der wirklichen Armee, müßte es freistehen, zu dem höheren Grade auch einen aus dem 8 niedrigeren, als der der Wählenden ist, zu wählen, um dem sich auszeichnenden Verdienst desto mehr Aussicht zu geben. Übrigens könnte es auch zur Strafe für gewisse Vergehungen dienen, von den Wählenden ausgeschlossen zu werden. Äußere Auszeichnungen und Rang müßten bei den regulären Truppen, den Reservetruppen und den freiwilligen Bewaffneten schlechterdings ganz gleich sein, und jedes alte Vorurteil muß der Betrachtung weichen, daß alle Bürger eines Staats sind und gleiche Ansprüche haben. Je weniger man den Soldaten von dem Bürger trennt, je mehr man bei beiden das wahre point d'honneur erweckt, desto mehr werden Patriotismus und schöne ehrenvolle Taten die Nation verherrlichen und alle sich nur als Glieder einer Familie lieben und behandeln. Der ganzen Nation ein Abzeichen zur Vereinigung zu geben, ist keine leere Idee. Man verordne eine schwarz und weiße Nationalkokarde. Es wirkt bei dem sinnlichen Menschen. Portepee, Schärpen und Fahnen müssen gleich sein für alle Arten von Streitern; allen bleibe die Aussicht zu Militärorden, Ehrenzeichen und anderen Belohnungen der Tapferkeit und Treue. Die Offiziere der regulären Truppen und der Reservetruppen würden untereinander roulieren, auch bei dem Avancement.

4. Montierung und Bewaffnung.
Wie und in welchem Verhältnis die verschiedenen Korps zu bewaffnen und zu kleiden sind, als schwere oder leichte Truppen, als Husaren, Jäger, Scharfschützen pp., diese allerdings nicht unwichtigen Fragen überlasse ich der militärischen Einsicht und Erfahrung, zu beantworten. Nur erlaube ich mir zu sagen: auch hierbei sehe man nur bei der Gardedivision auf Glanz und bei allen auf Zweckmäßigkeit, auf eine Kleidung, die einfach, durch genaue Übereinstimmung schön, bequem und schützend gegen die Witterung, auch nicht zu kostbar sei. Die Einkleidung alle zwei Jahre mit besserem Tuch scheint mir vorzüglicher zu sein, als die bisherige; auch scheint es mir rätlich, die Farben der Aufschläge nicht zu vervielfältigen, damit die Vorräte immer zu mehreren Korps passen. Vielleicht könnte jede Division gleiche Montierung, nur mit einem Abzeichen für jedes Regiment haben.

Von Montierungen und Waffen verschaffe man sich hinreichende Vorratsdepots und lege die Fabrikationen an mehreren Orten an, hebe die nachteiligen Monopole auf und sichere im voraus die Rettungsmittel bei Unglück. Den Freiwilligenkorps lasse man völlige Freiheit, wie sie sich bewaffnen und kleiden wollen. Nur müssen sie entschiedene militärische Abzeichen haben und in jeden Korps übereinstimmend gekleidet sein. Bei denen der Infanterie könnte die Bewaffnung in Ermangelung von Gewehren größtenteils mit Piken, übrigens mit Büchsen oder gezogenen Gewehren geschehen. Wiederanschaffung und Herstellung von Artillerie ist eins der allerwesentlichsten Bedürfnisse; denn außer dem schweren und Festungsgeschütz ist zu wünschen, daß alle Truppen, auch die freiwilligen, mit Kanonen versehen werden, die sie immer bei sich haben und womit sie umzugehen verstehen. Das reitende Feldjägerkorps scheint mir, so wie es jetzt ist, sehr zweckwidrig. Das Kurierwesen ist ihrer eigentlichen Bestimmung sehr nachteilig, und zu diesem stelle man besondere sichere Subjekte an oder brauche Zöglinge der Diplomatie dazu.

5. Einteilung in Divisionen und Armeekorps.
Eine zweckmäßige Einteilung der Armee in Divisionen und Armeekorps scheint mir höchst nötig, damit die ganze Zusammenstellung in Friedenszeiten gleich so sei, wie sie im Kriege bleiben soll. Von Zeit zu Zeit könnten zwar Veränderungen nötig und heilsam werden, aber man verspare nur jene Einteilung nicht bis zum Kriege. Ein jedes Armeekorps habe immer einen kommandierenden Chef, der für alles verantwortlich sei. Alle kontrolliere der König selbst und durch Inspekteurs. Einem jeden Armeekorps werden auch Reservetruppen und freiwillige Bewaffnete zugeteilt. Es kann auch sein, daß ganze Korps nur aus den beiden letzteren Gattungen bestehen, da die Umstände es nötig machen, daß die regulierten Truppen da stehen, wo am leichtesten und schnellsten Gefahr stattfinden kann. Die nötigen Hilfsbehörden und Personen sind den Armeekorps gleich zuzuweisen für die Verpflegung und den Train, die Pontons, Lazarette, auch das Postwesen. Auch finde ich es sehr zweckmäßig, daß jedem kommandierenden, in Kriegszeiten mit sehr ausgedehnter Vollmacht zu versehenden Generale sodann ein Zivilkommissär beigegeben werde, der Ansehen habe, ihn berate, die Verbindung mit den Zivilbehörden unterhalte und schnelle Ausführung allenthalben besorge.

6. Beständige Mobilität und Magazine.
Vor allen Dingen ist es in der gegenwärtigen Lage Preußens und bei der nahen Nachbarschaft stets beweglicher Truppen höchst notwendig und wichtig, daß die Armee immer ganz mobil sei, so daß die regulären Truppen jedesmal in 24 Stunden, die Reservetruppen in acht Tagen ins Feld rücken können. Alles muß also unumgänglich hierzu imstande sein. Lieber weit weniger Truppen gehalten, aber gute und schnell und in jedem Augenblicke brauchbare. Es werden sich schon Mittel finden, die Pferde für die Artillerie und den Train, welche stets vorhanden sein müssen, nützlich zu Staatsdiensten, zur Anfuhr von Bedürfnissen, Erleichterung der Polizei und Hebung der Industrie und Kultur zu beschäftigen. Man kann sie hierzu den Gutsbesitzern, Beamten, Unternehmern pp. zum Teil gegen die Ausfütterung anvertrauen unter der Bedingung, sie im Fall des Bedarfs auf der Stelle in gutem Stande zu liefern. Man vermindere aber den Train und schaffe alles nicht durchaus Nötige ab.

An den erforderlichen Magazinen und den voraus bereiteten Mitteln, sie zu verstärken, darf es nie fehlen. Es muß eine der ersten Sorgen sein, sie zu füllen und an mehreren sicheren Orten aufzubewahren. Die Verpflegungs-, Post-, Lazarett- und andere Offizianten müssen, soweit es nötig ist, da und wenigstens designiert sein, alle aus den rechtlichsten und zuverlässigsten Staatsdienern gewählt und mit Sicherung fürdie bloß designierten zur Rückkehr auf ihre Posten, die unterdessen von anderen übertragen und versehen würden. Die Truppen müßten durchaus so disloziert sein, daß sie leicht und gleich in gute Stellungen zusammengezogen werden könnten. Die freiwilligen Korps würden sich auch in steter Bereitschaft halten; da sie aber nur zum inneren Dienst bestimmt sind, so erfordert ihre Mobilität so viele Anstalten nicht. Jeder Chef hätte dafür die Sorge und die Verantwortlichkeit.

7. Stete Tätigkeit, Dienstleistung und Exerzieren pp.
Nichts wirkt auf den Menschen und besonders auf den Soldaten nachteiliger als Untätigkeit und der Hang zu solcher, der immer mehr zunimmt, je weniger man ihm entgegenstrebt. Das Militär müßte ohne Unterlaß beschäftigt und in Bewegung sein, sonst werden die Gefahren des Müßiggangs bei diesem Stande gefährlicher als bei irgendeinem anderen. Die regulären Truppen dürften bei der abgekürzten Dienstzeit, und da sie die erste Schutzwehr des Vaterlandes sein sollen, ohne Not den gemeinen Soldaten und Unteroffizier gar nicht außerhalb der Garnison beurlauben, den Offizier nur nach gewissen Bestimmungen und wenn kein Nachteil daraus entsteht. Sie würden beständig in den Waffen geübt, sie müßten oft kampieren, marschieren und wirkliche militärische Bewegungen machen, auch die Garnisonen verändern. Sowohl für den Offensiv- als Defensivkrieg müssen Pläne ganz vorbereitet vorhanden sein, die auf die nach der gegenwärtigen politischen Lage möglichen Fälle berechnet, aber mit dem größten Geheimnis zu behandeln sind.

Bei den Revuen und Übungsmanövern würde ich einen ganz anderen Gang befolgen als bisher. Mehrere Tage, womöglich ein paar Wochen hindurch, würde ich im Frühjahr und im Herbst ordentliche kleine Kampagnen machen, bald offensiv, bald verteidigungsweise, oft in zwei Korps operieren, wovon eins das feindliche vorstellte und seine Operationen nach eigener Einsicht des Chefs von einem entfernten Punkt aus machte. Hierbei würde ich immer große strategische Pläne voraussetzen. Da die Truppen stets mobil sein sollen, so würde die Ausführung keine Schwierigkeiten haben, zumal wenn sie kampierten oder der Bequartierte bei dem Kantonieren vollständige Vergütung erhielte und durch strenge Disziplin vor Exzessen gesichert würde. Man kann die Truppen auch unter Aufsicht der Offiziere gegen Bezahlung zu öffentlichen Arbeiten, Erbauung der Festungen, der Chausseen z. B. pp., gebrauchen und dabei in Lagern stehen lassen. Der ganze Dienst müßte auf den wirklichen Felddienst berechnet sein, das Exercice und das Manövrieren so einfach als möglich. Alles Pedantische und Unnütze werde entfernt.

Die Kavallerie brauche man zur inneren Landespolizei. Sie wird sich besser dabei qualifizieren, als bei ihrer bisherigen größeren Untätigkeit in Friedenszeiten. Die Reservetruppen müßten 2 Monate beisammen sein und kampieren, sich von einem Orte zum andern bewegen, der Regel nach nicht in den Städten oder auf dem Lande kantonieren. Sodann gingen sie wieder auseinander, und höchstens bliebe, wo es nötig würde, eine kleine Anzahl in einer Garnison beisammen. Die Freiwilligenkorps exerzierten alle Sonntage und würden alle Jahre eine kurze Zeit, nach den Umständen etwa acht Tage, zusammengezogen, welches so viele Volksfeste geben würde. Dieses würde völlig hinreichend sein, da man annehmen kann, daß der größte Teil der Freiwilligen aus vorhin im Dienst gewesenen Soldaten bestehen würde. In Kriegszeiten besetzten die Freiwilligen zum Teil mit die Festungen. In Friedenszeiten wirkten sie mit zur Handhabung der Polizei. Der König musterte zuweilen alle verschiedenen Truppenkorps und Gattungen und belebte den Eifer. Strenge Ordnung und Disziplin müßten überall herrschen, jeder Druck des Militärs gegen seine Mitbürger scharf geahndet werden. Den Regimentschefs und Kommandeurs würde ich, um sie desto unparteiischer zu machen, keine Kompagnien geben.

8. Sorge für die Festungen und Sicherheit der Militärvorräte und -fabrikationen6
Daß die nötigen Festungen in vollkommenem Verteidigungsstande erhalten und daß die nötigen Maßregeln getroffen werden, damit sie alle Bedürfnisse, insonderheit auch an Lebensmitteln, entweder haben oder doch sehr schnell damit versehen werden können, - daß man ihnen rechtschaffene, tapfere Kommandanten vorsetze, ist äußerst notwendig, widrigenfalls leisten sie gerade das Gegenteil ihres Zwecks; sie werden Waffen gegen den Staat. Eine genaue Prüfung, welche Festungen zu erhalten sind, wo notwendig neue anzulegen sein werden, ist erforderlich. Die dermalige Lage des Staats scheint hierin ganz neue Pläne zu erheischen, um die Punkte, die am meisten bedroht sind, einigermaßen zu sichern und um sich Waffenplätze zu verschaffen, von denen die Operationsbasen ausgehen können. Die Residenz liegt jetzt noch weit unzweckmäßiger als vorhin. Eine Verlegung mehr in das Innere wird große Schwierigkeiten haben. Danzig hätte sich vorzüglich dazu geschickt, selbst wenn die Monarchie ihren Umfang behalten hätte, sowie in ihrer gegenwärtigen Ausdehnung.

Der beste Fleck wäre zwischen der Oder und Weichsel. Aber Schiffahrt, wenigstens innere Wasserkommunikition, ist für eine Hauptstadt von sehr großem Wert. Treptow an der Rega, Kammin, vorzüglich aber Wollin würden vielleicht am schicklichsten liegen. Wenigstens bringe man von Berlin alle militärischen Vorräte und Magazine, Zeughäuser, Kanonengießerei und dergleichen weg, verlege jene rückwärts, in mehrere sichere Orte verteilt, vorzüglich aber die Kanonen- und Waffenfabrikation, wobei auch darauf zu sehen ist, daß die Fabrikationen möglichst in Gegenden kommen, wo das Material, z. B. Holz, leicht zu haben und der Transport nicht schwer sei. Die Gewehrfabrik liegt jetzt in Spandau höchst gefährlich. Es müssen durchaus mehrere angelegt werden. Ebenso ist es sehr unzweckmäßig gewesen, die Münzstellen abzuschaffen, die wir in mehreren Provinzen hatten. Die Festungen an der Oder scheinen mir jetzt die wichtigsten, besonders Stettin, Küstrin, Glogau. Ob die Zitadelle von Magdeburg noch einen großen Wert für die Verteidigung habe oder ob er ihr gegeben werden könne, wage ich nicht zu beurteilen; aber die Linie an der Havel, von Werben oder Havelberg hinauf, Rathenow, Brandenburg, Treuenbrietzen scheinen mir für solche wichtig und die Überlegung Sachverstän-diger nötig, ob auf derselben ein oder mehrere feste Plätze anzulegen, ferner ob es nicht erforderlich sei, vielleicht Krossen oder einen anderen gelegenen Ort in dieser Gegend zu befestigen, um die Sachsen bewilligte neue Militärstraße in Respekt zu halten. Vielleicht können kleinere Verschanzungen oder Forts, Brückenköpfe, Blockhäuser, im voraus auf den Hauptpässen angelegt, großen Nutzen gewähren, wenn ein Verteidigungskrieg stattfinden müßte. Vor allen Dingen befolge man aber auch hierbei die Regel: lieber weniger, aber was man hat, in vollkommen gutem, recht brauchbarem Stande zu haben.

9. Bezahlung des Militärs, Haushalt pp.
Die Bezahlung des Militärs muß schlechterdings den jetzt viel kostbarer gewordenen Bedürfnissen angemessen sein. Der Soldat muß sein Auskommen haben und besonders auch der Offizier so gesetzt werden, daß er nicht zu Plackereien und Knickereien seine Zuflucht zu nehmen braucht und diese ohne Nachsicht desto schärfer gestraft werden können. Der gegenwärtige Kompagnie-Haushalt muß durchaus abgeschafft werden, der Kapitän einen vollkommen hinreichenden Gehalt bekommen. Hierbei zu sparen, würde mir höchst nachteilig scheinen und die so nötige strenge Disziplin unmöglich machen. Im Kriege muß das ganze Militär eine Feldzulage erhalten, denn der Offizier hat mehr Aufwand und der Gemeine kann gar keinen Nebenverdienst haben. Die Beziehung auf das, was Napoleon seinen Offizieren gibt, ist nicht anwendbar; sein Bezahlungssystem paßt nur zu seinem Raubsystem. Die regulären Truppen würden das ganze Jahr hindurch die volle Bezahlung und Verpflegung erhalten, bei den Reservetruppen würde der Sold dem der ersteren völlig gleich sein, aber den Gemeinen und Unteroffizieren nur dann gegeben werden, wenn sie beisammen wären, also in der Regel nur zwei Monate im Jahre. Der Offizier, welcher gleichfalls Urlaub erhält, müßte sich währenddessen auch einen Abzug von etwa 1/3 oder der Hälfte gefallen lassen. Die Freiwilligenkorps erhielten vom Chef der Korps bis zum Gemeinen keinen Sold vom Staat, solange sie nicht gebraucht würden, dann aber ebenfalls denselbigen, wie die anderen Truppen. Gewöhnlich müßten sie sich selbst ganz unterhalten, auch bei ihren Exerzierversammlungen. Jedes Korps wird hierzu nach seinem Gefallen die Maßregeln verabreden, doch würde der Staat zu der ersten Bewaffnung die Kosten allenfalls ganz oder zum Teil geben, die Fahnen schenken, zur militärischen Musik eine Beihilfe geben pp. Über den Aufwand behufs des Militärs wird unten bei den Finanzen das Nötige vorkommen.

10. Militärische Gerichtsbarkeit.
Die militärische Gerichtsbarkeit muß sich nur auf Dienst- und Disziplinsachen erstrecken. In allen anderen Dingen müssen die Militärpersonen dem ordentlichen Richter untergeordnet sein sowie den Polizeibehörden. Dieses ist auch in Frankreich und England der Fall und zur Abschaffung des schädlichen Zunftgeistes sehr nötig. Zweckmäßige Verfügungen können bestimmen, in welchen Fällen der Richter die Exekution selbst verhängen darf oder den Vorgesetzten vom Militär dazu requirieren muß.

11. Erziehung und Bildung zum Soldatenstande.
Die Sorgfalt für die Erziehung des Staatsbürgers muß sich bei der großen Wichtigkeit des Soldatenstandes im allgemeinen schon darauf erstrecken, einem jeden eine hierauf mit gerichtete Bildung zu geben und den Sinn für Patriotismus und die Pflicht, das Vaterland zu verteidigen, zu heben. Besondere Unterrichtsanstalten für das Militär, sowohl für die niedere als höhere Wissenschaft und die einzelnen Zweige derselben sind wichtig und erforderlich. Die jungen Offiziere der Reservetruppen könnten verpflichtet werden, abwechselnd solche Anstalten zu besuchen und dann den vollen Sold erhalten. Man könnte auch Kinder in zweckmäßige Institute aufnehmen und die gegenwärtigen dazu benutzen, aber sie würden nicht fernerhin ausschließlich für den jungen Adel bestimmt sein.

12. Invalidenwesen.
Sehr wichtig ist das Invalidenwesen, damit der tapfere Krieger die Gewißheit habe, nicht undankbar vom Staate verstoßen zu werden, dem er mit Gefahr seine treuen Dienste widmete. Unsere bisherige Invalidenversorgung war sehr mangelhaft in Rücksicht auf den Invaliden selbst und in Absicht auf die Gegenstände, denen man ihre Dienste widmete. Selten waren sie ihnen gewachsen; sie nahmen Gehilfen an und, wie der Herr von Altenstein richtig sagt: der Staat hatte zwei Diener für einen, die beide ihre Bestimmung krüppelhaft erfüllten. Ausnahmen von diesen Fällen beweisen nichts. Bei der vorgeschlagenen veränderten Organisation und der abgekürzten Dienstzeit werden sich die Invaliden unter den Gemeinen und Unteroffizieren sehr vermindern. Nur wer im Dienst wirklich unfähig wird, muß Anspruch auf Invalidenwohltaten haben. Dann werde geprüft, ob und welche Mittel er hat, sich selbst zu ernähren. Nach dem Ausfall dieser Prüfung gebe man entweder eins für alles, eine Beihilfe, oder halbe oder ganze Versorgung. Die letzte entweder in Invalidenkompagnien, von denen man noch bequeme Bewachungsdienste forderte, oder bei schwer Blessierten oder Kränklichen in gut eingerichteten Invalidenhäusern, bei vorzüglich Verdienstvollen erhöht und mit der Freiheit, zu leben, wo sie wollen. Der mit Beihilfe oder halber Versorgung entlassene Invalide habe die Erlaubnis, die Uniform seines Korps und das Seitengewehr fortzutragen, wenn er will, damit er sich von dem bloß Verabschiedeten ehrenvoll unterscheide; der mit ganzer Versorgung versehene erhalte eine Kleidung, die nicht schlechter sei oder aussehe, als die des wirklichen Militärs, und überhaupt Auszeichnungen, die die Achtung und Dankbarkeit des Staats andeuten. Die Versorgung der Invalidenoffiziere werde im ganzen nach eben den Grundsätzen behandelt.

13. Kundschaftswesen.
Da man im Frieden aufmerksam sein muß auf das, was Krieg bringen kann, so versäume man auch in solchem das Kundschafterwesen nicht und schaffe sich die Mittel und Personen in Zeiten, um es bei ausbrechendem Kriege zur Vollkommenheit zu bringen. Auch hierin kann allerdings, wie in so vielen Stücken, Napoleon unser Lehrer sein. Eine nähere und gründliche Bearbeitung der militärischen Gegenstände überlasse ich einsichtsvollen und erfahrenen Männern vom Metier. Aber ich habe die volle Überzeugung, daß der Preußische Staat, wenn er im ganzen die Ideen annimmt, die ich kurz anzugeben wagte, künftig nicht bloß dem Namen nach, sondern in der Realität ein militärischer Staat sein würde, wo jeder Staatsbürger als Verteidiger seines Vaterlandes und seines Königs mit glücklichem Erfolg aufträte und Preußen den Rang wiedergeben würde, den es unter den unabhängigen Mächten behauptet hat.


V. Innere Polizei.
Ich werde mich bei diesem Gegenstande kurz fassen und auf die Abhandlung des Herrn von Altenstein um desto eher hinweisen können, da alles aus dem hier ebenfalls geltenden allgemeinen Grundsatze abgeleitet ist: daß die natürliche Freiheit durchaus nicht weiter beschränkt werden dürfe, als es im gebildeten Zustande des Menschen schlechterdings notwendig ist, und da in dem Kapitel von der Grundverfassung die Grundlagen schon vorgekommen sind. Man kann dreist annehmen, daß alles, was jenem Hauptgrundsatze zuwider ist, fehlerhaft ist, und hiernach beurteilen, welche Mängel bei unserer inneren polizeilichen Verfassung stattfanden und was derselben künftig für eine Einrichtung zu geben sei. Wenn man bei einem stetigen richtigen Überblick planmäßig und zusammenhängend verfährt, nur das Natürliche bezweckt, nur die Hindernisse, das Schädliche wegzuschaffen strebt, das, was den freien Gebrauch der Kräfte des einzelnen lähmt, der unbeschränkt sein muß, wenn er die nützlichen Kräfte anderer oder des Ganzen nicht hemmt, das entfernt, was die Sicherheit gefährdet, - wenn man endlich nicht von Staats wegen die Vormundschaft des einzelnen da übernimmt, wo der einzelne selbst wirken kann, so hat man die Forderungen erfüllt, die man an die Polizei zu machen berechtigt ist.

1. Landwirtschaftspolizei.
Bei der Landwirtschaftspolizei wird die Wegräumung der Hindernisse fast allein alles wirken, was man verlangen kann, und überall Tätigkeit und Leben verbreiten. Gewerbefreiheit und Gleichstellung in Absicht auf diese mit den Städten gehört vorzüglich hierher. Wo diese nicht durch eine günstige Lage und Kraft der Industrie blühend werden ohne nachteilige Beschränkung des platten Landes, da ist es besser, sie sinken zu Dörfern herab. Der Staat hat dann, wenn nur die Abgaben gleich sind, kein Interesse dabei, daß sie Städte bleiben; vielmehr ist es sein Vorteil, daß alles nach seiner natürlichen Tendenz im Staatskörper wirke und so im gesunden Zustande zur Vollkommenheit emporwachse. Freier Absatz der Produkte ist das zweite Haupterfordernis. Kommen dann noch Beispiele und fortgesetzte wissenschaftliche Kultur, die so wie Unterrichtsanstalten von selbst folgen werden, hinzu, so wird die Landwirtschaft, diese Hauptstütze und Quelle des Nationalwohlstandes, solchen gewiß unglaublich erhöhen und sichern. In ihr liegt in den Preußischen Staaten noch der reichste unbearbeitete Stoff zu neuer Kraft und Macht.

2. Gewerbepolizei.
Dem, was ich über die Freiheit der Gewerbe schon an anderen Orten gesagt habe, weiß ich hier nichts Wesentliches hinzuzusetzen.

3. Handelspolizei.
Bei der Handelspolizei beherzige man ja vor allen Dingen das Laissez faire, was ein Deputierter der Kaufmannschaft Colbert als sein Gutachten sagte, da dieser solches von ihm forderte. Wo man wegen eines größeren Gewinns des Ganzen oder um die Staatseinkünfte zu vermehren, dem Baum Zweige nehmen oder beschneiden oder sie in ihrem Wachstum leiten oder in irgendeine Form einzwingen will, da verfahre man ja mit der äußersten Vorsicht. Die Natur des Baums erfordert Freiheit. Ich bin völlig überzeugt, daß wir die Vorteile des Handels, die großenteils und besonders in dem Preußischen Staate auf der Landwirtschaft beruhen, dem Fabrikensystem zum wahren Nachteile des Staats aufgeopfert haben. So manches Ausfuhr- oder Einfuhrverbot, so manche Beschränkung durch Monopole oder andere Begünstigungen auf Orte oder Personen brachten Schaden statt Gewinns für das Ganze, und man kann wohl mit Gewißheit annehmen, daß dieser durch sorgfältige Aufmunterung und Unterstützung der Industrie bei Handels- und Gewerbefreiheit weit größer gewesen sein würde und dauerhaftere, der Natur des Landes angemessenere Fabrikationen nebst einer ansehnlicheren und kraftvolleren Bevölkerung hervorgebracht hätte, als alles, was durch Kunst und mit so vielem Aufwande bewirkt worden ist. Gewiß hätte auch die Staatsbalance hierbei gewonnen.

Ich bin weit entfernt, gegen alle Fabriken sprechen zu wollen. Der Staat kann und muß nach den Umständen diese oder jene unterstützen, ihre Anlage befördern, sie aus der Fremde herbeiziehen; aber die recht nützlichen entstehen von selbst, wenn der Handel blüht; sie gedeihen nicht, wo dieser kränkelt, und ersterben mit ihm. Sie sind natürlich, nicht erkünstelt, sie bedürfen keiner Ausfuhr- oder Einfuhrverbote, um sich zu erhalten. Die Erfahrung liefert hiervon so viele Beweise! Eine Revision und Abänderung unserer Handels-, Zoll-und Akziseverordnungen gehört allerdings zu den dringendsten Bedürfnissen, so wie der Zeitpunkt ohne Zweifel der günstigste ist, um eine Änderung im Systeme vorzunehmen, die vor dem Kriege, der viele Fabrikationen zerstörte oder hemmte und die einstweilige Aufhebung vieler Handelsbeschränkungen veranlaßte, nicht ohne große Schwierigkeiten durchzusetzen gewesen wäre. Auch darin bin ich mit dem Herrn von Altenstein einverstanden, daß, wo nicht gänzliche Importationsfreiheit stattfinden kann, die Einfuhr doch gegen eine Abgabe zu erlauben sei. Die Ausfuhrverbote, um wohlfeile Preise zu erzwingen, haben diesen Zweck nicht erreicht und allemal nachteilige Folgen gehabt. Vorurteil und Kurzsichtigkeit hängen zwar noch immer an solchen und stützen sich auf Autoritäten statt auf Gründe, z. B. auf die Meinung Friedrichs des Großen, der bei aller Größe doch nicht unfehlbar war; aber alle Staatskundigen von Einsicht sind über diesen Gegenstand längst einig.

Vorzüglich gehören die Getreidesperren, deren Schädlichkeit und Unnützlichkeit so klar erwiesen und anerkannt ist7, und die Wollausfuhrverbote hierher, deren Verfechter insonderheit die Militärpersonen waren. In Absicht auf erstere glaubte man der irrigen Opinion huldigen zu müssen und durch letztere, die alten Etatspreise Friedrich Wilhelms 1. zu halten, die mit allen anderen Preisen der Dinge ganz unverhältnismäßig und daher unhaltbar sind. Der Handel und die Gewerbe müssen allerdings zu den Staatseinkünften beitragen, aber nach dem anerkannten Hauptgrundsatz, sonst leiden die Einkünfte selbst mit. Der anscheinende Gewinn auf einen hochbesteuerten Artikel wird oft durch weit ansehnlicheren Verlust auf andere verschlungen und: je höher der Akzisesatz, desto größer der Reiz der Konterbande und der Verlust durch diese; so daß die Erfahrung gelehrt hat, bei mäßigen Sätzen komme mehr ein, als bei übertriebenen. Eine Revision und Änderung bei der Akzise wird diesemnach notwendig sein. Die Bank und die Seehandlung haben als Handelsinstitute dem Staat keinen Vorteil gebracht, sondern geschadet.

Es war anerkannt, daß die erstere wenigstens einer gänzlichen Veränderung unterworfen werden müsse. Letztere war eigentlich nur ein Kontor für das Monopol des ausländischen Salzhandels und für die Staatsschulden. Will der Staat seine Gelder, die er in Vorrat haben muß, durch ein Handelsinstitut benutzen und der Zirkulation zugute kommen lassen, so werde diesem Handelsinstitut eine Einrichtung gegeben, wodurch es dem Publikum nützen kann und nicht vielmehr schadet. Die Erleichterung des Handels und Verkehrs durch Wegbau, innere Schiffahrt, Verbesserung der Seehäfen und Reeden, auch Begünstigung der Seeschiffahrt und Handelsverträge, wo diese rätlich und möglich sind, ist von großer Wichtigkeit. Der so nützliche Bromberger Kanal und die Netze großenteils gehören nun einem auswärtigen Staate; auf ihre Benutzung und gute Unterhaltung ist daher nicht mit Gewißheit zu rechnen und die Frage also wesentlich, ob die Lokalumstände nicht erlauben, eine andere Wasserkommunikation zwischen der Weichsel und Oder einzurichten.

4. Sicherheitspolizei.
Die Sicherheitspolizei muß nicht minder sich ganz nach dem Hauptgrundsatze richten, aber in allen Dingen, die nach solchem als gut und richtig anerkannt sind, rasch und kräftig verfahren. Das Militär und die Freiwilligen müssen ihr dabei zu Hilfe kommen. Ist es denn nicht ehrenvoll für den Soldaten in Friedenszeiten, dem Mitbürger und sich selbst auch diesen Schutz zu gewähren? Die Kommunitäten werden mehr tun, wenn sie selbständiger werden, und die vorgeschlagene Nationalrepräsentation wird auch hierbei nützlich wirken. Daß die Aufsicht auf geheime Agenten und Kundschafter jetzt wichtiger sei als je, wird niemand leugnen, der unsere Lage und das französische System kennt, zumal da Frankreich durch die Okkupation so viele neue Mittel erworben hat, jenes System in Anwendung zu bringen. Die Geheime Polizei sei also hierauf wachsam, aber sie mache einen geheimen Teil der anderen aus, wie der Herr von Altenstein aus richtigen Gründen anrät. Eine nähere Verbindung zwischen der Kriminaljustiz und der Polizei halte ich ebenfalls für nützlich, sowie die Abschaffung des Lotto, gegen das ich so oft eiferte, für dringend nötig. In Absicht auf die in doppelter Rücksicht sehr wichtigen geheimen Gesellschaften, daß sie nämlich dem Staat nicht schaden, daß sie ihm vielmehr nützen, bemerke ich nur, daß ich die Freimaurerei in den preußischen Ländern als einen mächtigen Hebel für große Dinge im Innern und Auswärtigen ansehe, wenn der Staat den Geist derselben benutzen und in solcher Tätigkeit und Patriotismus zu edlen, großen Zwecken beleben und unterstützen will.

5. Armenpolizei.
Über die Armenpolizei begreift es das Wesentliche in sich: daß man die Quellen der Armut verstopfen und die Unterstützungen nur nach dem Grade der Arbeitsunfähigkeit und Arbeitsleistung geben, den Kommunitäten die Haupt. sorge übergeben müsse.

6. Gesundheitspolizei.
Über die Gesundheitspolizei: daß der Staat für die Bildung und Anstellung geschickter, wissenschaftlicher Ärzte und Heilkünstler besorgt sei und Anstalten für hilflose Kranke zweckmäßig einrichte, mit einem Worte: das beachte, was der einzelne nicht beachten kann.

7. Bevölkerungspolizei.
Wird der mehrmals erwähnte Hauptgrundsatz treu befolgt, herrschen Achtung wahrer Religiosität neben Toleranz und strenge unparteiische Gerechtigkeit im Lande, verfährt man, wie es in Absicht auf die Grundverfassung und persönliche Verhältnisse oben vorgeschlagen ist, werden die Abgaben nach einem weisen System und sich gleich bleibenden Prinzipien erhoben, kann der Untertan auf Schutz rechnen, so wird sich das ubi bene patria bald bewähren. Die Pflanze wird schnell wuchern; Ausländer werden von selbst mit ihrem Vermögen einziehen, und es wird keiner künstlichen Verordnungen und Anstalten zur Vermeh-rung der Bevölkerung bedürfen.

8. Postpolizei.
In Absicht auf die Postpolizei bin ich mit dem Grundsatze völlig einverstanden, daß die polizeiliche Rücksicht die finanzielle überwiegen und auf ihre Vollkommenheit schon der Opinion wegen zu sehen sei, da es allerdings gar nicht tunlich ist, das Postwesen der natürlichen Freiheit zu überlassen. Ferner bin ich auch damit vollkommen einig, daß die Besetzung der Postmeisterstellen mit Invalidenoffizieren nachteilig und unschicklich sei.

9. Bergwerkspolizei.
Wenn die Bergwerkspolizei nach den festgestellten Grundsätzen wegen der freien Benutzung des Eigentums und der Gewerbe beurteilt wird, so' folgt von selbst, daß das Finanzielle auch hierbei gegen das Polizeiliche zurückstehen müsse. Aber belehrende Beispiele gebe der Staat auf seinem Eigentume, und wo allgemeine Unternehmungen, die einzelnen nützen, aber von ihnen nicht geleistet werden können, erforderlich sind, als z. B. große Stollen pp., da trete er zu.

10. Schöne Künste und Wissenschaften.
Von einem recht hohen Standpunkte könnte man die Religion in eben dem Sinn als die schönen Künste und Wissenschaften zur Polizei rechnen. Bei beiden wird es wohl keinem einfallen, derselben ihr Wesen zuzuzählen, aber wohl die Art ihrer Behandlung, Unterstützung und Benutzung abseiten des Staats, welcher dabei die höhere geistige Tendenz neben dem Einfluß auf den physischen Wohlstand seiner Bürger immer vor Augen haben muß. Unser Hauptgrundsatz paßt auch bei den Wissenschaften und Künsten. Nur die Hindernisse, den Zunftgeist, die positiven Meinungen und Vorschriften entfernt, und alles wird leicht und schnell fortschreiten! Über die Preß- und Lehrfreiheit ist viel geschrieben und gestritten. Man erschöpft alles, dünkt mich, wenn man sagt: sie sei so weit ausgedehnt, als es die Umstände immer gestatten. Diese müssen bei den Verfügungen einer weisen Regierung allein über die seltenen Ausnahmen entscheiden. So kann es allerdings eine notwendige Maßregel sein, einen fremden Staat oder seinen mächtigen Herrscher zu schonen, um nicht große Übel über das Vaterland zu bringen. Schriften, die bloß zur groben Sinnlichkeit verführen, muß die Zensur allerdings verwerfen.

Die Anstellung eines eigenen Vorstehers oder Ministers des öffentlichen Unterrichts und der Erziehung, der, ausgerüstet mit den hierzu erforderlichen Eigenschaften und versehen mit tüchtigen Gehilfen, alles, was dahin gerechnet werden mag und die Bildung der Staatsbürger angeht, leite und dem die Fonds und andere Mittel zu Erreichung des Zwecks nicht fehlten, würde ungemein nützlich sein. Der Staat gebe an Gelde, was er vermag, und erwecke nur bei den Kommunitäten Sinn für die gute Sache. Alle öffentlichen Sammlungen und wissenschaftlichen Institute müßten unter der Kuratel jenes Ministers stehen, dazu ich Alexander von Humboldt allerdings sehr qualifiziert halte. Ganz richtig finde ich es auch, daß öffentliche Sammlungen den Zweck vornehmlich haben müssen, das anzuschaffen, was Privatpersonen nicht so haben können, und daß es hauptsächlich auf gute wissenschaftliche Auswahl, Ordnung und Aufsicht ankomme. Eine schärfere Auswahl ist aber vor allen Dingen bei den Mitgliedern der höheren wissenschaftlichen Institute, besonders der Akademie der Wissenschaften, notwendig, damit sie aus großen Köpfen bestehen, die der Nation wirklich Ehre machen und durch Unterricht und ihre Schriften nützen. Auszeichnung und Ehrenbezeugung werde dem Gelehrten und dem Künstler nach Verdienst.

11. Erziehung und öffentlicher Unterricht.
Daß bei diesem so äußerst wichtigen Gegenstande nach vollständigen, richtigen Plänen gehandelt werde, daß der Staat allenfalls Zwang eintreten lassen könne und müsse, damit der Mensch nicht unerzogen bleibe, hierin stimmt meine Überzeugung ganz mit der des Herrn von Altenstein überein. Er hat bei diesem Gegenstande der Juden erwähnt, weil es allerdings in Absicht auf die ihretwegen zu beobachtenden polizeilichen Grundsätze vornehmlich darauf ankommt, sie zu veredeln, und die einzigen wirksamen Mittel, eine Reform derselben zustande zu bringen, der zweckmäßige Unterricht ihrer Kinder und ihre Teilnahme an der Gewerbefreiheit und den bürgerlichen Lasten sind. Die größte Aufmerksamkeit verdient die Bemerkung, daß Napoleon durch Berufung des großen Sanhedrins sich der Juden zu bemächtigen sucht. In ihrer Zerstreuung über die ganze Welt und in ihrem ausgebreiteten Einfluß liegt die Möglichkeit, den seinigen noch auf vielseitige Weise geltend zu machen. Auch damit bin ich ganz einverstanden, daß die Freiheit im Unterricht nicht durch positive Vorschriften beschränkt werden und daß der Zweck nicht sowohl die Anfüllung des Menschen mit positiven Kenntnissen als die Ausbildung seiner Denkkraft und deren Hinleitung zu dem höheren Geistigen sein müsse.

Diese Ausbildung der Denkkraft und des Gedächtnisses erfordert natürlich positive Kenntnisse; ohne diese würde leere Spekulation entstehen. Daß die Lehrart auf den niederen und höheren Schulen hiernach eingerichtet und besonders auch auf Universitäten der Vortrag mehr dahin geleitet werde, den Lehrling selbst denken und das Gehörte verarbeiten zu lassen, daß die höhere Spekulation von dem Unterricht auf Universitäten verbannt werde, ist nötig und zweckmäßig. Berlin mit seinen Hilfsmitteln aller Art paßt sich allerdings weit besser hierzu; der Akademiker werde hierzu mitbenutzt, und dem jungen Staatsmann wird sich auch das Mittel darbieten, in der Wissenschaft fortzuschreiten und Lücken auszufüllen. Eine große Universität, auf die der Staat alles wendete, was erforderlich wäre, würde vollkommen hinreichend sein. Setzen sich Bedenklichkeiten entgegen, so ist's an Königsberg und Frankfurt genug, aber wichtig, kein Monopol aus dem gelehrten Unterricht zu machen und die Besuchung auswärtiger Universitäten und wissenschaftliche Reisen eher zu begünstigen als zu hindern. Die weiteren Details über Bildungsanstalten für Lehrer über höhere und niedere Schulen, Industrieschulen usw. übergehe ich als zu weitläuftig für den vorliegenden Zweck.

12. Hilfsmittel der Polizei.
Eine gute zweckmäßige Polizei erfordert Fonds. Was der Staat hierzu braucht, wird er mit Recht fordern und finden. Die Kommunitäten werden bei einer richtigen Leitung auch viel tun. Die kleinen bisher bewilligten Prämien können freilich ohne Nachteil wegfallen, und Verwilligungen zu Meliorationen sollten auch nur dann erfolgen, wenn allgemein nützende Verbesserungen der Zweck sind. Die Wiederaufhelfung der jetzt ruinierten Provinzen ist ein dringendes Bedürfnis, dem so bald und so kräftig als möglich zu genügen ist. Das Wie kommt auf die Umstände, die Hilfsbedürftigkeit und die Art des Schadens an. Ersatz für diesen ist nicht möglich, aber Eröffnung der Möglichkeit, sich durch Fleiß und Industrie wieder emporzuheben, und Aufmunterung hierzu. Eine bessere Organisation des Personals ist nötig. Unten wird noch die Rede davon sein. Ebenso eine richtigere Anordnung des Tabellenwesens, welches bisher wegen seiner Unzuverlässigkeit und seines unzusammenhängenden Plans wenig brauchbare Resultate, am allerwenigsten aber die obersten gab. Alles muß zusammenpassen, das Unnütze entfernt und das Detail stufenweise immer mehr das Allgemeinere, wo nicht mit Gewißheit, welches bei vielen Gegenständen nicht möglich ist, doch nach der höchsten Wahrscheinlichkeit liefern und deutlich anschaulich machen. Alle in das ganze Fach der Polizei einschlagenden Verordnungen würden endlich zu revidieren und nur das Brauchbare nach dem vorstehenden System beizubehalten, auch nach solchem zu ergänzen sein.


VI. Finanzwesen.
Der Finanzier, der die Regeln seines Verfahrens nur der einseitigen Routine, ohne wissenschaftliche Bildung und ohne Fortschritte in den Kenntnissen des Zeitalters, verdankt, unwissend in dem, was andere Staaten und ihre Finanzverfassungen betrifft, und beschränkt auf die Bekanntschaft mit dem väterlichen Boden und die auf solchem entstandenen Einrichtungen und Formen, der Finanzier, der jene Regeln bloß nach der Ökonomie eines gewöhnlichen ordentlichen Hausvaters, wohl gar nach der des strengen und geizigen abmißt, wird seine Kunst in dem ängstlichen Zusammenhalten, Zusammenscharren und Erhöhen der Staatseinnahmen aus althergebrachten Quellen und nach althergebrachten Formen setzen, unbekümmert, ob die steigende Kultur und die sich ändernden Verhältnisse hier neue entstehen, dort eine versiegen oder weniger ergiebig werden lassen, ob sie durch eine kluge Leitung möglichst benutzt werden, ob sie sich etwa unnütz verlaufen, wohl gar in ihrem Lauf Schaden anrichten, ob ihnen Abfluß oder Zuflüsse zu verschaffen oder ihre Benutzung durch geschickte Veranstaltungen vervielfacht werden könne; er wird, zwingt ihn die Not, neue Quellen aufzusuchen, nur nach den gewöhnlichen, oft nach den drückendsten Mitteln greifen oder sich nicht zu helfen wissen und den heilsamen Zweck aufgeben; er wird bei den Ausgaben immer nur zu sparen trachten, oft engherzig und unklug das Gute dadurch hindern oder für die Staatseinnahme selbst höchst nachteilig wirken.
Den großen Unterschied nicht fühlend zwischen einer Privathaushaltung und der eines Staats und unbekannt mit den Spekulationen, die der wahre Finanzier auf den Zustand der Nationalindustrie nach allen ihren Zweigen, auf den Geldverkehr und auswärtige Konjunkturen, auf die beständigen Veränderungen in diesen Dingen baut, wird er sich damit begnügen, Geldüberschüsse zu haben, und wenn er am Ende des Jahres nachweisen kann, daß diese Überschüsse mehr betragen als im vorhergehenden oder bei dem Anfange seiner Wirtschaft, so wird er das Ziel der Kunst erreicht glauben, nicht darauf achtend, ob diese Überschüsse aus bloß zufälligen oder fortwährenden Ursachen entstanden, ob sie Früchte eines gesunden, neuer erhöhter Fruchtbarkeit entgegenwachsenden Stammes oder getriebene, durch ungewöhnlich begünstigende Umstände gereifte, oder gar die letzte Kraft des ersterbenden Baumes sind, ob dieser bei gehöriger Wartung nicht noch mehr und bessere hätte tragen können. Beurteilen kann er es nicht, wenigstens nicht richtig; denn sein Rechnungswesen, obgleich sehr ordentlich, gleichfalls nach hergebrachter Form geführt, seine auch nach dieser angelegten Haushaltspläne oder Etats liefern keine reine Übersicht irgendeines Verwaltungszweiges, alles ist pedantische Kalkulatur; die Dunkelheit wird sogar als Staatsmaxime angepriesen und erhalten, so daß den besseren Köpfen die Data zu richtigen Finanzspekulationen und Vorschlägen entweder ganz fehlen oder sie sich doch nur unzulänglich und nach vieler Mühe überkommen lassen. So versteckt der argwöhnische Geizige seine Schätze, daß man ihre Existenz nicht ahne.

Ein pünktliches Handeln und Treiben nach der einmal angenommenen Form: das ist die Summe seiner Wissenschaft, und da er glaubt, daß hierin alles liegt, so sieht er stolz auf den herab, der nicht von Jugend auf in sie eingeengt wurde oder sich davon entfernt. Der ist ihm kein Finanzier. Neue, noch so gute und richtige, anderwärts bewährte Ideen und Grundsätze werden von ihm verworfen und bitter verlacht, für eitle Hirngespinste ausgegeben, denen das Alte weit vorzuziehen sei. An eine gründliche, ruhige Prüfung ist nicht zu denken; sie anzufangen, ist das sichere Mittel, die Sache ganz zum Stillstande zu bringen. Nach einer solchen oberen Leitung richtet sich natürlich der Regel nach, was unter ihr arbeitet, da Tätigkeit, sich in der beliebten Form herumzutreiben, korporalmäßige Beobachtung derselben, Anstrengung der Untergebenen zu solcher und ehrerbietiges Unterwerfen unter die höhere Meinung das Hauptverdienst ausmachen und den Weg zum Glück eröffnen. Die Bildung des jungen Finanzmannes ist ganz damit übereinstimmend. Formen sind dabei die Hauptsache, über Formen und veraltete sogenannte Kameralgrundsätze wird er hauptsächlich geprüft. Daß die vorstehende Schilderung auf die bisherige Leitung des Finanzwesens im Preußischen Staate passe, wird niemand leugnen, der solche genau kennt und richtig zu beurteilen versteht.

Ausnahmen fanden unter den preußischen Staatsmännern, mithin auch bei dem, was sie teilweise wirkten, Ausnahmen finden jetzt auch allerdings bei mehreren einsichtsvollen, mit wissenschaftlichen Kenntnissen ausgerüsteten Männern statt, aber sie konnten nicht durchdringen. Und eben diejenigen, die diese Ausnahmen machen, werden darin gewiß beistimmen, daß jenes der Geist des preußischen Finanzwesens war; vorzüglich wird solches der Herr Minister Freiherr vom Stein tun, der schon angefangen hatte, diesem Geiste so kräftig entgegenzuwirken. Über die Folgen dieses Geistes bedarf es keiner umständlichen Ausführung. Ordnung und Ersparnis füllten unter Begünstigung einer kaum so lange zu erwarten gewesenen trügerischen Ruhe von außen die Kassen ziemlich wieder und verhüteten, daß das Übel sich nicht in jeder Beziehung äußerte; aber das Gute geschah nur einzeln ohne Zusammenhang, kein großer Zweck wurde erreicht und insonderheit die Kraft nicht in Tätigkeit gesetzt, die dem Staat zu seiner Erhaltung in den Stürmen der Zeit so wesentlich notwendig war. Wie sind sie jetzt, nachdem er seinen fürchterlichsten Wirkungen untergelegen, wieder zu beleben und zu verstärken? Ich will versuchen, den Gutachten des Herrn Geh. Finanzrats von Altenstein und des Herrn Geh. Rats Niebuhr auch meine Meinung hier hinzuzufügen.

1. Etats- und Rechnungswesen.
Etats- oder Wirtschaftspläne und Rechnungen haben den doppelten Zweck, erstlich den Verwalter und den Rechnungsführer eines jeden Gegenstandes zu leiten und die Erfüllung ihrer Pflichten zu kontrollieren, zweitens Übersichten zu gewähren, nach denen man die Verwaltung selbst beurteilen und richtige Ideen und Pläne zu ihrer Vervollkommnung fassen könne. Der erste wurde im Preußischen Staate teilweise erreicht, der zweite, einige einzelne Zweige vielleicht ausgenommen, gar nicht. Denn um den Verwalter zu leiten, von dem man nicht bloß mechanische Dienste fordert, und um den Vorteil oder Nachteil bei der Verwaltung gehörig zu würdigen, sind reine und vollständige Übersichten nötig, die unsere Etats und Rechnungen nicht lieferten. Ich weiß nicht, ob die Generalkontrolle dergleichen verschaffte, zweifle aber, daß es vollständig und zweckmäßig geschah, ob der König selbst instand gesetzt wurde, das Ganze der Finanzverwaltung und ihre Hauptzweige richtig und fortwährend zu überschauen. Die leitenden Behörden, selbst die ersten, konnten es nicht; diejenigen unter ihnen, die über die ihnen anvertrauten Gegenstände klar sehen wollten, mußten dazu besondere Anstalten treffen.

Man hat einmal die Absicht gehabt, bei der Generalkontrolle alle Rechnungen nach der italienischen Buchhaltung zu zerlegen, ließ übrigens aber die Rechnungen nach der alten Art fortführen. Die Sache ist, soviel ich weiß, bald ins Stocken geraten, und wäre sie auch fortgesetzt, so hätte sie zu keinem richtigen Resultat führen können, weil die Rechnungen nicht zu dem Plan stimmten. Sollte er nützlich werden, so müßte man alle Rechnungen auf kaufmännische Art einrichten und systematisch in einen Zentralpunkt leiten, der die Hauptresultate klar darstellte. Das wesentlichste Erfordernis eines guten Rechnungswesens ist, daß bei jedem Gegenstande sein Einkommen und der Aufwand auf solchen vollständig, der Gewinn oder Verlust rein erscheine. Je einfacher und klarer dieses geschehen kann, je größer wird die Vollkommenheit sein. Die Gegenstände lassen sich dann leicht klassifizieren und die Resultate in den allgemeineren Rechnungen stufenweise zusammenfassen bis zu der allgemeinsten. Ich hatte in den Fränkischen Provinzen alles darauf angelegt, das Rechnungswesen nach diesen Grundsätzen zu formen, aber es mußte 1798 dem übrigen durchaus angepaßt werden. Bei der Generalkontrolle wird sich eine Auseinandersetzung aus der damaligen Periode, ich glaube von 1799, finden, darin ich die Einrichtung eines zweckmäßigen Rechnungswesens abgehandelt habe. Eine Reform desselben und der Revision ist unumgänglich erforderlich. Letztere kann in Absicht auf die mehrsten Spezialrechnungen gewiß viel zweckmäßiger bei den den Rechnungsführern zunächst vorgesetzten Behörden geschehen.

Nur die Hauptrechnungen würden einer obersten Revisionsbehörde vorbehalten, die ihre Aufmerksamkeit nicht sowohl auf die Richtigkeit und Form wendete, zu deren Kontrolle sie mechanische Arbeiter hätte, sondern auf die Sache selbst und ihre Behandlung. Sie müßte aus vorzüglich einsichtsvollen Staatsmännern bestehen, die nicht bloß hierbei tätig wären. Ihre Arbeiten würden sehr wichtig und durch ihre Benutzung folgenreich, aber nicht durch Häkeleien und kleinliche Details weitläuftig werden. Die Generalkontrolle und die Oberrechenkammer, diese kostbaren, schwerfälligen Anstalten, die an Hogarths Machine superbe pour servir de tire-bouchon erinnern, würden dagegen wegfallen. Um den wahrscheinlichen Erfolg einer jeden Unternehmung zu beurteilen, ist ein Plan oder Überschlag erforderlich, wieviel mehr also bei einer von so hoher Wichtigkeit, als die Finanzverwaltung eines ganzen Staats ist. Bei der Diskussion über die Ways and Means und der Eröffnung des Budgets legt der englische Minister dem Parlamente einen solchen Überschlag der Staatsbedürfnisse und der Staatseinnahmen vor und begleitet diese Darlegung mit raisonnierten Vorschlägen, erstere zu erfüllen. Unsere Etats hatten auch den Zweck, Vorherbestimmungen der Einnahme und Ausgabe zu sein; die provisorischen Abschlüsse, die der König am Ende des Etatsjahres erhielt, sollten die disponiblen Fonds darlegen, damit ihre Verwendung festgesetzt werden könne.

Diese Festsetzung vertrat gewissermaßen das Budget der Engländer, aber bei allem, was diese durch Mangel an vollständiger Übersicht fehlerhaften Einrichtungen leisteten, war der wesentliche Unterschied, daß der Engländer von dem Bedürfnis des Staats ausgeht und diesem seinen Finanzplan anpaßt, anstatt daß bei uns, ganz außerordentliche Fälle ausgenommen, dem Bedürfnis, selbst dem dringenden, z. B. dem Festungsbau und der guten Unterhaltung der Festungen, nur dann genügt wurde, wenn die einmal bestimmten Einnahmen hinreichten oder sich zufällige Überschüsse fanden. Daß hierbei keine recht kräftige, zweckmäßige Verwaltung geführt werden könne, leuchtet ein; die Kunst des Finanziers muß sich also darin zeigen, daß er die Mittel zu den als wahr anerkannten Staatsbedürfnissen auf die mindest drückende Weise anschaffe, und da die Verhältnisse, besonders die äußeren, veränderlich sind, so wird für jedes Jahr ein neuer allgemeiner Überschlag des Staatsaufwands und seiner Quellen nötig. Die Etats für die Rechnungen müssen dabei fortgehen, nur mit den Rechnungen selbst nach den oben angegebenen Grundsätzen verbessert. Ihre Anfertigung kann auch unbedenklich auf mehrere Jahre geschehen, und wenn die Kommunitätsangelegenheiten durch Vormundschaft des Staats nicht mehr so wie bisher beschränkt werden, so wird eine große Menge von Etats und Rechnungen wegfallen.

2. Jährliche allgemeine Darstellung der Finanzlage und des Staatsaufwands mit seinen Quellen.
Eine jährliche allgemeine Darstellung der Lage der Finanzen und des Staatsaufwands mit seinen Quellen wird, wenn man sie nach dem, was oben vorgeschlagen worden, öffentlich den Repräsentanten der Nation vorlegt, schon den jetzt so dringend nötigen Kredit mehr sichern und sowohl diesen wichtigen Zweck als den der leichteren und populäreren Aufbringung noch besser erfüllen. Sie wird insonderheit sehr nützlich sein, wenn man bei den Staatsabgaben von dem Bedürfnis ausgehen will. Man wird einwenden, daß die Befolgung dieses Grundsatzes eine dem Kredit und dem Unternehmungsgeiste nachteilige Ungewißheit über den Wert eines Grundstücks oder eines Gewerbes verbreiten werde, daß dadurch überhaupt alle die Vorzüge verloren gehen würden, welche Sicherheit und Vertrauen bei der Unveränderlichkeit der Auflagen hervorbringen. Aber einmal ist der Schaden, welcher daraus entsteht, daß für wesentliche Bedürfnisse des Staats nicht gesorgt werden kann, unleugbar der größere, und dann ist die Sicherheit vor neuen Auflagen und die Unveränderlichkeit der alten doch immer von den Umständen abhängig und läßt sich nie verbürgen. Sie kann auch ein Übel werden. Bei einem vollkommen hinreichenden, nicht tot liegenden, sondern wohl benutzten, jedoch stets realisablen Schatz würde ich wenigstens die Unveränderlichkeit der Grundabgaben zur Regel machen. Jene Voraussetzung kann aber im Preußischen Staat sobald nicht eintreten, und eine weise Administration wird überhaupt, auch bei der Annahme jenes Grundsatzes, diese Regel möglichst beobachten und ohne gegründete Ursachen die Abgaben aller Art nicht leichtsinnig verändern oder ohne Not erhöhen oder durch neue vermehren. Soll der Bedarf dureh die Repräsentanten aufgebracht und ihnen die Subrepartition in den mehrsten Fällen überlassen werden, so ist vor allen Dingen das Verhältnis der Hauptraten und ihre zweckmäßige Einteilung festzusetzen. Die Anfertigung des ersten Budgets wird die schwerste und wichtigste sein.

3. Staatshaushalt.
A. Revision sämtlicher Einnahmezweige sowie aller Ausgaben.
Eine genaue Prüfung sämtlicher Einnahmezweige muß derselben vorhergehen sowie aller Ausgaben und Bedürfnisse. Bei ersterer ist genau zu untersuchen, wo nach den festgestellten Grundsätzen entweder die Beibehaltung oder Abschaffung, Erhöhung oder Herabsetzung der Einnahme oder sonst Modifikationen stattfinden müssen. Bei letzterer ist nicht nur auf die gewöhnlichen Bedürfnisse, sondern auch auf die künftig alle Jahre erforderlichen und die nur ein für allemal nötigen zu sehen und hiernach zu bestimmen, was als neue fortwährende Abgabe oder nur ein für allemal aufzubringen oder durch außerordentliche Hilfsmittel, Anleihe pp. anzuschaffen sei. Die von dem Herrn von Altenstein angegebenen allgemeinen Grundsätze sind ohne Zweifel richtig; bei der Einnahme: Abschaffung oder Veränderung der Einkünfte, die zwar Ertrag liefern, aber sonst einen überwiegenden Nachteil haben, z. B. das Lotto und einige aus dem Bergwerksregal, - Veränderungen nach dem neu anzunehmenden Handels- und Gewerbesystem, - die Wahl solcher neuen Quellen, wodurch der Nationalwohlstand eher befördert als gelähmt wird, - der Vorzug, der der Erhöhung schon bestehender Abgaben vor neuen zu gehen ist, wo sie tunlich ist, weil man schon an sie gewöhnt war, - möglichste Gleichstellung und Gleichförmigkeit; ich setze noch hinzu: die Erhebungsart, welche am wenigsten drückt und stört; - bei der Ausgabe: das einfache, aber sehr wahre Prinzip, jede unnütze Ausgabe zu vermeiden, aber keine notwendige zu scheuen. Erst bei dieser viel umfassenden Arbeit und durch Benutzung aller erforderlichen Nachrichten und Hilfsmittel kann ein Überschlag, in Zahlen ausgedrückt, entstehen, bei dem man zwar der Wahrheit nahezukommen suchen, jedoch nicht zu ängstlich auf kleinliche, doch schwer zu erreichende Genauigkeit sehen, sich aber nur dafür hauptsächlich hüten muß, nicht zu knapp zu rechnen. Es ist nicht möglich, hier weiter etwas Befriedigendes zu liefern.

B. Bemerkungen über einige Zweige der Einnahme.
Ich beschränke mich auf einige Bemerkungen über einige Zweige der Einnahme, denen des Herrn von Altenstein kurz folgend.
a) Aus Regalien.
Bei den Einkünften aus einigen Regalien gilt der Hauptgrundsatz auch hier, die natürliche Freiheit so wenig als immer möglich zu hemmen und dadurch ihren Früchten zu schaden, sowie der, der Geldeinnahme den höheren Zweck nicht aufzuopfern. Sie finden ihre Anwendung hauptsächlich bei dem Bergwerk- und Forstregal, bei dem Salzankauf, bei der Post, bei der Münze. Wegen des Salzankaufs wird mit Kaufleuten kontrahiert werden können, obgleich der Verkauf als eine sehr ergiebige und wegen der Verteilung ins Kleine am wenigsten drückende Quelle der Staatsabgaben vom Staate beibehalten werden muß. Bei dem Verlust der besten und beträchtlichsten Salzwerke wird das Ankaufsquantum groß sein. Vielleicht lassen sich aber noch nicht benutzte Salzquellen finden und zu eigener Fabrikation benutzen. Das Münzregal leidet durch die Verminderung des Staats nur dann, wenn man darauf rechnet, Gewinn durch Ausprägung schlechter Münzen zu machen, so wie durch unsere so weit getriebene Fabrikation von Scheidemünze geschah. Wäre es möglich, durch vorteilhaften Ankauf von Metallen und durch verbesserte Fabrikation bei gutem Gelde Gewinn zu machen, so würde es dabei auf die Ausdehnung des Staats nicht so sehr ankommen. Die braunschweigischen Herzöge prägten eine mit der Größe ihres Landes ganz unverhältnismäßige Summe von Louisdor in gehöriger Güte und mit ansehnlichem Vorteile.

b) Von Grundsteuern.
Es wird darauf ankommen, ob man sich zu einer neuen Katastrierung und dann zur Beiziehung der befreiten Grundstücke entschließen will. Die Gründe für und wider habe ich in dem Kapitel von der Grundverfassung kurz angegeben. Findet man, daß die für die Besteuerung der adligen Güter das Übergewicht haben, so lasse man ja die Besteuerung allgemein werden. Auch die Domänen müssen derselben unterworfen sein. Der Betrag scheint zwar den Domanialeinkünften abgehen zu müssen. Dieses wird aber nicht ganz der Fall sein, zumal bei veränderter Nutzung und mehrerer Verteilung.
c) Von indirekten Abgaben.
Der Herr von Altenstein hat nur die Akzise genannt. Er begreift darunter alle indirekten Abgaben, auch die Zölle, lmposte pp.; den Ausfall, den die größere Handelsfreiheit bewirkt, wird die Besteuerung der Gegenstände, deren Einfuhr bisher ganz verboten war, die Verminderung der Konterbande und der mehrere Anfall allerdings decken. Bei der Erhebung scheint mir durchaus eine Einrichtung nötig, die solche vereinfache, sie sicherer und weniger lästig mache. Die fast allgemeine Venalität der geringeren Akzisebedienten ist durch ihre schlechte Besoldung beinahe privilegiert. Ihre Schar ist groß, die Aufsicht schwer und Plackerei unvermeidlich. Nur dann aber scheint eine solche Einrichtung möglich, wenn die indirekten Abgaben das platte Land sowie die Städte treffen, wenn man die Sätze von eingehenden Artikeln gleich an den Grenzen erhebt, die auf die Konsumtion von dem Verkäufer oder Verfertiger. Die Kontrolle ist hierbei auch schwer, aber sie ist möglich, wie die Erfahrung in mehreren Ländern lehrt.

Die Regierung muß dabei den Druck und die Behelligungen möglichst vermeiden, die gewissenhafte Anzeige zur Ehrensache machen, Vertrauen auf solche zeigen, dann aber Defraudationen desto strenger mit Schimpf und Strafe belegen. Unser bisheriges Akzisesystem war unstreitig der Moralität sehr nachteilig. Nur dann, wenn die Akzise auch auf dem platten Lande eingeführt wird, kann eine völlige Gewerbefreiheit eintreten, und durch diese wird dem Landmann die Lästigkeit der Abgabe ersetzt werden. Nur dadurch wird es möglich werden, manche Sätze niedriger zu bestimmen und doch nicht dabei zu verlieren, sondern zu gewinnen. Bei einzelnen Gegenständen wird man zwar den höchsten Ertrag nicht herausbringen, weil die Erhebungsart einfach und leichter zu kontrollieren sein muß, aber bei dem Ganzen wird man Vorteil haben. Dann braucht die Visitation der Reisenden nur an den Grenzen zu geschehen, und es können milde Grundsätze dabei angenommen werden, ohne sie einen Aversionalsatz zahlen zu lassen. Die Erhöhung der Akzisesätze von einigen ersten Lebensbedürfnissen halte ich mit dem Herrn von Altenstein für wenig drückend, aber doch sehr ergiebig und um desto anwendbarer, wenn die Städte und das platte Land gleich belegt werden. Überhaupt dürfte es sehr nötig sein, den Akzisetarif zu vereinfachen und dafür zu sorgen, daß die Verpflichtung und die Abgabe allgemein und deutlich über jeden Gegenstand bekannt sei.

d) Von den Domänen.
Man darf nur die Art der Veranschlagung unserer Domänen kennen, um sich zu überzeugen, daß sie einen höheren Ertrag liefern können, zumal wenn die Landwirtschaft durch Freiheit des Absatzes und der Gewerbe gehoben, wenn, nachdem die Verhältnisse sind, eine andere Art der Benutzung durch Verteilung pp. gewählt wird. Eine zweckmäßig eingeleitete Veräußerung von Domänen halte ich für eins der besten und unschädlichsten Mittel, den jetzigen außerordentlichen Bedürfnissen des Staats zu genügen. Es wird dabei auf die Art der Veräußerung und den Zeitpunkt ankommen, damit man sie nicht verschleudere. Was der Herr von Altenstein über die Hausgesetze in dieser Hinsicht sagt, ist sehr richtig, wenigstens können sie unter den gegenwärtigen Umständen gar nicht im Wege stehen. Der Verkauf eines Teils der Forsten wird sich schon um deswillen vorzüglich lohnen, weil ihr reiner Ertrag im Verhältnis mit der Grundfläche meistenteils so sehr gering war. Man muß freilich in Absicht auf die künftige Benutzung dieser Fläche nicht zu ängstlich sein und auf die als Forst übrig bleibenden königlichen Gründe desto mehr Sorgfalt wenden. Werden diese richtig ausgewählt und bewirtschaftet, so wird der Ertrag sich gegen den jetzigen wohl kaum vermindern und die Veräußerung reiner Gewinn sein.

C. Bemerkungen über einige Zweige der Ausgaben.
Ebenso wie bei den Einnahmen, werde ich auch über die Ausgaben nur einiges hersetzen. Das Nähere beruht hierbei vorzüglich auf einer genauen Berechnung des Bedürfnisses.
a) Militärausgaben.
Die Ausgabe behufs des Militärs betrug, soviel ich mich erinnere, gegen 14 Millionen; wenigstens war dieses der Etat der Generalkriegskasse, wobei jedoch gewöhnlich nicht unbeträchtliche Ersparungen stattfanden. Ohne alle Data, kann ich nicht angeben, was die 70000 Mann reguläre Truppen, 80000 Mann Reserve und die Ausgaben auf die Freiwilligenkorps, der Unterhalt der Magazine, Festungen und alles dessen, was die stete Mobilität erfordert, kosten würden; indessen, glaube ich, wird folgender ganz ungefähre, auf das Verhältnis der Truppenzahl gegründete Kalkul wenigstens keine zu geringe Summe bestimmen. Wenn 250000 Mann 14 Millionen gekostet haben, so kosten 70000 32325 Millionen; rechne ich 4 und wegen der verhältnismäßig stärkeren Kavallerie, besserer Bezahlung und Mobilität 5, so wird gewiß damit auszukommen sein. Die 80000 Mann Reservetruppen können, da sie nur zwei Monate beisammen sein sollen, wahrscheinlich mit 11/2 Millionen gehalten werden.

Rechne ich nun noch 1/2 Million für die Unterstützung der Freiwilligen, die Unterhaltung von Festungen, - die Anlegung neuer und Wiederinstandsetzung der ruinierten gehört zu den außerordentlichen Anstrengungen - für Nebenkosten pp., so würde mit der Hälfte des bisherigen Aufwandes ausgereicht werden. Die Generalkriegskasse wird aber schwerlich die Hälfte ihrer Einkünfte verlieren. Einige Ausgaben, z. B. die Werbekosten, werden auch wohl zu ersparen sein. Sollte wider Vernuten etwas fehlen, so muß es der Staat für diesen so wichtigen Gegenstand aufbringen. Eine augenblickliche Ersparnis wird auch dadurch eintreten, daß die Errichtung der neuen Truppen nicht so schnell vonstatten gehen kann. Der Betrag wird zu den Errichtungskosten selbst aber schwerlich hinreichen, und ich wünsche, daß, um diese Ersparnis zu bewirken, ja nicht gesäumt werde.

b) Zivilbesoldungen.
Mit dem Herrn von Altenstein völlig einverstanden bin ich auch gegen alle Ersparung durch Verringerung der einzelnen Besoldungen, die notwendig die nachteiligsten Folgen haben muß; ihre Erhöhung ist vielmehr bei so vielen zu niedrig belohnten Dienern wahres und dringendes Bedürfnis, wenn auch hierder höhere Zweck: der zweckmäßige Dienst und die Moralität, nicht empfindlich leiden sollen. Kann man die Maschine simplifizieren durch Abschaffung unnützer Schreibereien und Stellen sparen, so wird dieses sehr wohltätig werden.
c) Pensionen.
Auch bei den Pensionen wirkt Ersparung an dem, was wirklich erfordert wird, höchst schädlich und ist unbillig und undankbar. Aber man verfahre mit Festigkeit und verwende alle Sinekuren, die Einkünfte der Stifter, Klöster, geistlichen Ritterorden pp. zu Pensionen und Belohnungen für wirkliche Staatsdienste, so wird es an Fonds nicht fehlen und gegen die bisherige Ausgabe gewiß noch eine Ersparung entstehen.

d) Hofausgaben.
Bei den Hofausgaben zu sehr zu sparen, ist auf mehrerlei Weise nachteilig, nicht allein wegen der äußeren Anständigkeit, sondern auch in Rücksicht auf die Einkünfte selbst, wenn die Abgaben von der Konsumtion erfolgen. Dieses letzte Argument spricht für die Besetzung der höheren Hofstellen mit reichen Leuten, die Aufwand aus eigenen Mitteln machen; es kommt den übrigen gegen die Herabsetzung der Besoldungen und Pensionen hinzu. Daß die Hofetikette, die Hoffeste dem Geist, der der Staatsverwaltung zum Grunde gelegt werden soll, angepaßt und als ein sehr wirksames Mittel, ihn zu unterstützen und die Achtung, das Zutrauen, die Herzen der Untertanen zu gewinnen, benutzt werde, ist eine nicht unwichtige Betrachtung.

D. Resultat der Einnahme und Ausgabe.
Eine jede Angabe in Zahlen, wieviel bei der Einnahme zu gewinnen, bei der Ausgabe zu ersparen, wie hoch also der disponible Überschuß sein werde, scheint mir ohne die oben verlangte Berechnung sehr gewagt. Inzwischen kann man doch wohl mit Gewißheit annehmen, daß der Überschuß, wenn er auch nicht gerade 4 Millionen beträgt, doch nicht geringe ausfallen und sowohl zu sukzessiver Erfüllung aller Staatsverbindlichkeiten als zu Erreichung wichtiger finanzieller Zwecke hinreichen wird, zumal da zu hoffen ist, daß das mehrere Interesse, welches die Nation durch die Repräsentanten an der Staatsverwaltung erhält, und der Einfluß dieser letzteren die Aufbringung der Kosten zu nützlichen Ver-besserungen und Einrichtungen von denen, die Vorteile davon haben, mithin vom ganzen Lande oder von einem Teile desselben, durch außerordentliche Beiträge sehr erleichtern werden. Eine große Beruhigung! Wenn sie nur nicht durch neue Unglücksfälle getrübt wird.

3. Staatsvermögen.
Außer dem Herrn von Altenstein hat der Herr Geh. Rat Niebuhr diesen sehr wichtigen Gegenstand in seinem anliegenden kernhaften Gutachten behandelt, welches mit besonderer Aufmerksamkeit gelesen zu werden verdient. Bloß der Vollständigkeit wegen will ich hier die Hauptsachen erwähnen, einige Gedanken hinzufügen und mich übrigens auf die Meinung jener beiden Herren beziehen.

A. Geldwesen.
a) Zustand.
Den Zustand des Staats in Absicht auf das Geldwesen, wie er nach der Räumung des Landes vom Feinde sein wird, schildert Herr Geh. Rat Niebuhr mit traurigen Farben, aber leider der Wahrheit gemäß. Das Gold wird fast gänzlich fort sein, das grobe Kurant größtenteils, da es eingeschmolzen über Hamburg nach Holland für die Franzosen ging. Bei der Stockung des Handels und der Ausfuhr werden uns die Kurse nachteilig bleiben, das Fortschleppen des guten Geldes wird fortdauern, solange noch etwas da ist. Die Scheidemünze, die nicht ausgeführt wurde, wird sich in einem sehr schädlichen, überwiegenden Verhältnisse befinden; sie wird aus den abgetretenen Provinzen hinzuströmen, die Kurse werden sich vielleicht gar in Münze bestimmen. Die Tresorscheine werden sich alle im Lande anhäufen und auch aus den abgetretenen Provinzen dahin zurückkommen, man mag sie immer realisieren oder nicht.

c) Maßregeln.
I. Münzwesen.
Solange sich der Handel und der Wohlstand nicht wieder heben, wird die Ausprägung von Kurant, um dem Mangel abzuhelfen, nicht tunlich sein. Die weitere Ausmünzung geringhaltiger Scheidemünze muß durchaus unterbleiben. Herr Geh. Rat Niebuhr schlägt vorerst folgende Maßregeln vor, um gute Geldsorten bei uns möglichst zu fixieren und dem Eindringen der Scheidemünze und dem Falschmünzen Einhalt zu tun:
1. alle fremden guten Geldsorten nach einer Devalvation und zu ihrem vollen Wert in allen Zahlungen annehmen zu lassen,
2. den Münzfuß zu verändern und den 28 fl.-Fuß einzuführen,
3. die Einlieferung und schnelle Umprägung der Scheidemünze zu verfügen und die veränderte in gewissen Raten zurückzugeben.

II. Tresorscheine.
Die Fundierung der Tresorscheine ist sobald als immer möglich zu veranstalten, die Realisation jedoch mit Klugheit vorzubereiten, für jedes Bureau die erforderliche Summe genau zu berechnen und nicht eher anzufangen, bis sie allgemein geschehen und ununterbrochen fortgesetzt werden kann. Unterdessen würde den Tresorscheinen ihr legaler Kurs gelassen, auf die ediktmäßige Zahlung des 1/4 gehalten und eine gewisse Epoche für den Anfang der Realisation im voraus bestimmt. Ein gutes realisables Papiergeld zu haben, wird unter den jetzigen Umständen eine doppelt große Wohltat und wahrscheinlich die Emission noch einer Million zu den fünf ausgegebenen unbedenklich sein. Alles kommt auf die Solidität der Realisation an. Das Beispiel von Sachsen nach dem Siebenjährigen Kriege gibt uns belehrende Erfahrung und ermunternde Hoffnung. Wegen des Kurses der Tresorscheine in den abgetretenen Provinzen läßt sich keine besondere Anstalt treffen, da die Stempelung jetzt nichts mehr nützen würde und im Frieden dieserhalb gar nichts ausgemacht ist.

B. Geldinstitute.
Nach dem Urteile der einsichtsvollsten Sachverständigen waren unsere Geldinstitute, die Bank und die Seehandlung, fehlerhaft und dem Zweck solcher Anstalten nicht entsprechend. Dieses war anerkannt und die nötige Reform eingeleitet, aber durch die eingetretenen Unglücksfälle wurde die Ausführung unterbrochen und so, wie man sie beabsichtigte, unmöglich gemacht.
a) Die Bank.
Die Bank ist überladen mit Effekten, die schwer zu realisieren sind. Der Plan, sie aufrecht zu erhalten, kann nur von Männern entworfen werden, die mit ihrem Zustande ganz genau bekannt, alle Verhältnisse zu Rate ziehen, die in unserm Staat stattfinden werden, wenn dieser von den fremden Truppen ganz befreit sein wird. Es ist beruhigend, daß der Herr Geh. Rat Niebuhr Mittel zu finden hofft, den Gläubigern den Wert ihrer Forderungen zu sichern, wobei er aber voraussetzt, daß nicht ä bureau ouvert gezahlt werde, daß in der Zwischenzeit keine Partialzahlungen dieser Art geschehen, der Staat vorerst allen Einkünften aus der Bank entsagen und die Reform des alten Systems mit einer besseren Organisation und Operationen zur lebhaftesten gewinngebenden Zirkulation der Fonds vorgenommen werden. Der Staat muß aber seine Geldvorräte der Bank zur Benutzung geben, ihr die, worüber er als Obervormund disponiert, fernerhin zu geringen Zinsen zuweisen und, was er ihr schuldig ist, abbezahlen.

b) Die Seehandlung.
Nach der mir sehr richtig scheinenden Meinung des Herrn Geh. Rats Niebuhr sind zwei Geldinstitute wie die Bank und die Seehandlung zumal unter den gegenwärtigen Umständen nicht von Nutzen. Die Seehandlung würde daher mit Ablauf ihres Oktrois im künftigen Jahre aufzuheben, der Ankauf des Salzes Privatunternehmern zu übertragen und die Schuld dieses Instituts ihrer eigentlichen Beschaffenheit nach als Staatsschuld zu übernehmen sein. Die Operationen in Absicht auf die Staatsschulden würden künftig bei der Bank geschehen, und diese hielte Buch darüber. C. Schuldenwesen.
a) Zustand.
Der Zustand des Staatsschuldenwesens ist uns hier nicht ganz genau bekannt; indes ist die beruhigende Gewißheit vorhanden, daß alle Verbindlichkeiten des Staats zwar nicht auf einmal und also ganz vollständig, doch nach und nach und so, wie es die Lage desselben zuläßt und rechtfertigt, werden erfüllt werden können, zumal wenn alle Schulden auf abgetretene Provinzen oder Institute strenge abgewiesen und keinem Gläubiger dieser Art, er sei Einländer oder Ausländer, etwas gezahlt wird. Die Idee eines gänzlichen Staatsbankrotts - könnte auch in der Folge größerer Kredit und anscheinend erhöhte Kraft daraus entstehen - wird jeder verabscheuen, der den Betrug bei den Mangel einer gänzlichen Unfähigkeit zur Zahlung doppelt haßt und das Verderben erwägt, welches daraus nicht nur für soviele einzelne, sondern für den Staat selbst entstehen würde. Eine Terminzahlung verdient allerdings den Vorzug vor einer Zahlung nach Prozenten, die gleich stattfände. Es kommt darauf an, vor allen Dingen genaue Zusammenstellungen der verschiedenen Arten von Schulden verfertigen zu lassen und sie gehörig zu klassifizieren. Die Abteilung in auswärtige und inländische wird insonderheit nötig sein, ferner in solche, die vor dem Ausbruche des Kriegs und wegen desselben kontrahiert worden, (wozu die Rückstände für Lieferungen, an Besoldungen, Pensionen usw. gehören, Bankschulden, Seehandlungsschulden, die sich aber alle wieder nach der ersten Abteilung auch in ausländische und inländische unterscheiden werden.

b) Maßregeln.
Die sodann wegen einer jeden Gattung zu ergreifenden Maßregeln muß eine genaue Prüfung aller Verhältnisse ergeben.
I. Auswärtige Schulden.
Bei den auswärtigen Schulden gibt teils der Friedenstraktat Vorschriften, von denen man sich ohne Nachteil nicht wird entfernen dürfen, teils legt sie uns die Klugheit wegen Erhaltung des Kredits auf. Freilich wird eine willkürliche Abänderung der ursprünglichen Verbindlichkeiten dabei nicht stattfinden dürfen, aber hier und da könnte eine Übereinkunft möglich sein, Aufschub der Zahlung. Die Entrichtung der Zinsen müßte man schlechterdings in den ordentlichen Gang zu bringen trachten.

II. Inländische Schulden.
In Absicht auf die inländischen Schulden bin ich nicht für die Zurückzahlung nach dem Alter der Schuld oder der Aufkündigung in gewissen Terminen. Ich finde es auch hart, die Gläubiger zu sehr zurückzusetzen, welche Forderungen wegen des letzten Krieges haben, und halte den Plan des Herrn Geh. Rats Niebuhr für den besten, nach welchem
1. die Bankschuld der Bank aus eigenen Kräften abzutragen überlassen bliebe;

2. die inländischen Schulden, mit Ausnahme der wegen des Krieges kontrahierten, aber die der Seehandlung mit eingeschlossen, dergestalt fundiert würden, daß die Gläubiger gegen Auslieferung ihrer Verschreibungen für ihr Kapital und die bis zu dem zu bestimmenden Termin rückständigen Zinsen drei neue Verschreibungen erhielten:
a) über 1/3, wovon die Zinszahlung sogleich wieder fortliefe und erfolgte;
b) über 1/3, wovon die Zinszahlung nach fünf Jahren anfinge, mit Hinzufügung der Zinsen, die rückständig geblieben;
c) über 1/3, wovon die Zinszahlung nach zehn Jahren mit den rückständigen Zinsen und Zinszinsen, nach vollen Jahren gerechnet, erfolgte.
Die wegen des Krieges kontrahierten Schulden könnten, wie es scheint, nach vorhergegangener Liquidation und Prüfung Verschreibungen erhalten wie die zweite Klasse zu b. Ein heilig zu haltender sinkender Fonds sicherte die allmähliche Verminderung der Schuld durch Ankauf dieser Stocks für Rechnung des Staats; übrigens würde der Wert derselben auf inländischen und ausländischen Märkten sowohl hierdurch als durch treue Erfüllung der einmal übernommenen Verbindlichkeiten aufrecht erhalten.

D. Anschaffung der jetzt erforderlichen außerordentlichen Geldbedürfnisse.
a) Gegenstände derselben.
Unter den gegenwärtigen Umständen sind außerordentliche große Geldbedürfnisse zu bestreiten. Die Gegenstände derselben sind die an Frankreich noch zu zahlenden Kontributionen;die Instandsetzung und Wiederherstellung der Festungen, der Magazine,der Armaturen und alles dessen, was Bezug auf das Militär hat, desgleichen andere, nach dem Plane nützliche oder notwendige Einrichtungen;die notwendige Unterstützung der Untertanen;die Sammlung eines Schatzes, welcher unentbehrlich ist, weil bei dem Entstehen eines Krieges sonst die Mittel, ihn zu führen, nicht schnell genug herbeigeschafft werden können.

b) Anschaffungsmittel.
Die Mittel, das Geld zu diesen Bedürfnissen aufzubringen, können folgende sein:
1. die Benutzung aller baren Vorräte sowohl an Gelde als an Tresorscheinen, sobald diese wieder gehoben sein werden; die Kreierung einer Million neuer Tresorscheine;
2. die Einziehung aller Aktivkapitalien. Ob diese auch bei den Instituten, z. B. der Witwenkasse, der Invalidenkasse usw., geschehen solle, um das Geld für den Staat zu benutzen, der sodann der Schuldner dieser Institute würde, zweifle ich. Wenigstens erfordert die Sache eine sehr reifliche und einzelne Prüfung und scheint mir sogleich nicht ausführbar, insofern es inländische Schuldner betrifft. Woher sollen diese bei dem allgemeinen Geldmangel das Geld nehmen, um einer ins Große gehenden Aufkündigung zu genügen, und wird der Staat dabei gewinnen, wenn mancher dadurch stürzt? Aber daß die Institute ihre Forderungen an ausländische Schuldner und an die nunmehr ausländisch gewordenen in den abgetretenen Provinzen so schnell, als es möglich ist, einziehen und dann dem Staate borgen, das ist sehr rätlich;
4. der Verkauf von Domänen, darüber schon oben das Nötige gesagt ist,

5. die Abkaufung der Grundabgaben nach dem 4 p.C.-Fuß und mit dem Rechte der Wiedereinlösung für den Staat, daraus gewiß ein ansehnliches: Kapital erfolgen wird;
6. Auflagen oder gezwungene Anleihe;
7. freiwillige Anleihe im Inlande und im Auslande.
d) Einige Bemerkungen.
Der Betrag der noch an Frankreich zu zahlenden Kontributionen ist uns nicht bekannt, und bei den höchst schwankenden Stipulationen des Friedens über diesen Gegenstand ist er es vielleicht noch nirgends ganz genau. Die Folgen hiervon sind schrecklich und geben allerlei Vorwände zur Verzögerung des Abzuges der Truppen. Alles muß angestrengt werden, um Bestimmtheit in diesen wichtigen Gegenstand zu bringen, wo sie etwa noch nicht ist, und dann um die Verbindlichkeiten zu erfüllen und die Räumung des ganzen Landes zu bewirken, vor welcher keine kräftige Ausführung irgendeines Plans, höchstens nur Vorbereitung und einzelnes Stückwerk stattfinden kann. Sollte es nicht zu bewirken möglich sein, daß die französischen Bevollmächtigten sich mit zinstragenden Verschreibungen, in gewissen Terminen zahlbar, begnügten, wenigstens zum Teil?

Ich kenne die Lage der Sache, die vermutlich auch nach den Umständen an jedem Orte verschieden ist, nicht genau genug, um bestimmte Gedanken zu äußern; nur die Frage scheint mir noch wichtig: ist es billig, daß die Kontributionen so von jedem Orte oder jeder Landschaft getragen werden, wie der Feind sie auflegte, oder sollte nicht vielmehr das ganze Land die ganze Last verhältnismäßig übernehmen, auch von denen ein Beitrag hiernach geleistet werden, die wenig oder gar nichts litten, ja vielleicht gar gewannen? Wegen der Instandsetzung alles desjenigen, was zum Militär und anderen nötigen Dingen gehört, sind, wenn die Grundsätze erst bestimmt sein werden, genaue Überschläge und ein zweckmäßiger Plan in Absicht auf die Art und die Zeit der Ausführung erforderlich. Die Unterstützung der Untertanen muß mehr in dem Wohltätigen der neuen Staatseinrichtungen als in der Abreichung von barem Gelde gesetzt werden, doch wird immer eine Summe für Geschenke in außerordentlichen Fällen an Gelde oder Naturalien bestimmt werden müssen. Bei der Sammlung des Schatzes ist wenigstens vorerst die Summe zum Ziel zu nehmen, die ein Jahr Krieg erfordern würde, welches auch auf eine Berechnung ankommt; ferner sind die Epochen zu bestimmen, in welchen sie aufs schnellste komplettiert werden kann. Die Existenz des Staats kann hiervon abhängen. Die Fürsorge, daß das in Vorrat zu haltende Geld nicht unbenutzt liege, ist unter den jetzigen Umständen unumgänglich notwendig. Die Bank benutze also den Schatz, aber so, daß im Fall des Bedürfnisses das Geld unfehlbar da sei.

Zu den gezwungenen Anleihen würde es gehören, wenn der Staat von allen seinen Bewohnern das Silbergeräte forderte und späterhin zahlbare Schuldverschreibungen dafür ausstellte. Ich habe gegen diese Maßregel einzuwenden, daß sie sehr unverhältnismäßig trifft und daher immer einzelne Ungerechtigkeiten mit sich führt. Ein gezwungenes Anlehen nach dem Verhältnis des ganzen reinen Vermögens scheint mir weit zweckmäßiger, wenn es überhaupt schlechterdings unvermeidlich ist, und dabei könnte man es freilassen, nach bestimmten Grundsätzen Silber abzuliefern, ja dazu durch gewisse Vorteile einen Reiz geben, damit das tot liegende Metall in den Umlauf komme. Die Schwierigkeiten bleiben bei der Ausmittelung des reinen Vermögens immer groß; aber es lassen sich doch Wege dazu finden, wenn man nur nicht zu sehr auf Genauigkeit sieht, darauf es im ganzen nicht ankommt. Der eigenen Angabe kommt z. B. die Kontrolle durch die Hypothekenbücher pp. hinzu. Ob es rätlich sei, die Ritterpferdsabgabe zwangsweise abkaufen zu lassen, wird sich aus einer leicht aufzustellenden Berechnung des Aufkommens und der Prüfung ergeben, ob die dazu erforderlichen Gelder aufgebracht werden können. Die Schwierigkeiten bei freiwilligen Anleihen sind in beiden Gutachten des Herrn von Altenstein und des Herrn Geh. Rats Niebuhr sehr richtig geschildert. Man wird indes immer Versuche machen können, nur: auf eine kluge, dem Kredit nicht nachteilige Weise. Diesem wird ein kluges, festes Benehmen sowohl in Absicht der auswärtigen als der inländischen Angelegenheiten die beste Stütze geben. Bei einer Zwangsanleihe im Lande wird keine freiwillige leicht gedeihen. Ich würde immer mit dieser erst anfangen. Auch dabei könnte Silber angenommen und die Annahme begünstigt werden, um es der Zirkulation zuzuwenden. So wird man sich beeifern, es zu geben, zumal wenn der Hof mit gutem Beispiele vorangeht und das Goldservice, was nicht an Silbergeschirr unentbehrlich ist pp., vermünzen läßt. Durch Verpfändung der Juwelen wird allemal ein beträchtliches Kapital auswärts zu haben sein und diese wohl ohne Anstand beschlossen werden können.

5. Schluß.
Auf eine Berechnung der Erfordernisse an Geld zu den Zwecken, welche die gegenwärtige Lage erheischt, lasse ich mich hier ebensowenig ein, als auf die der Erhöhung bei der Einnahme, der Ersparung bei der Ausgabe und des Überschusses, da alles, was man hierüber sagen möchte, wie auch der Herr von Altenstein selbst angeführt hat, äußerst schwankend ist, mithin nur beispiels- und erläuterungsweise dastehen kann. Sind nur die Grundsätze erst bestimmt und die Data vorhanden, so werden sich jene Berechnungen leicht machen lassen, und werden die Grundsätze nur kräftig und konsequent verfolgt, wird von außen ihre Ausübung nicht gewaltsam gestört, so läßt sich die Erreichung des Zwecks, auch ohne sie in Zahlen darzustellen, doch mit Zuversicht vorhersagen.


VII. Religion.
Der Herr von Altenstein hat diesen Gegenstand auf eine Art ausgeführt, die von seinen Einsichten und den schönen Gefühlen seines Herzens zeugt und diesem Ehre macht. Was er sagt, verdient mit voller Aufmerksamkeit gelesen und vom eigenen Gefühl ergriffen zu werden. Völlig einstimmend setze ich mit ihm das Wesen der Religion darin, daß man das Leben als eine Stufe zu einem höheren Zustande betrachte, dessen Ahnung tief in uns gelegt ist, und in dem Streben nach dem Übersinnlichen, welches uns zu diesem höheren Zustande führt. Nur dieses ist die wahre, reine Quelle der Pflichterfüllung, der Beruhigung, der Hoffnung, des Mutes. Hierin liegt der Glaube an das unbegreifliche Wesen, das wir Gott nennen, an Unsterblichkeit, an eine weise Leitung unserer Schicksale nach einem großen Weltplan; hierin und in der Bedingung der geistigen Ausbildung für den künftigen Zustand der stete Antrieb, nichts zu versäumen, was diese befördern kann. Der Mensch genieße das Sinnliche, er befördere den angenehmen Genuß desselben bei seinen Mitmenschen, aber er betrachte es nie als Zweck. Stets sei es dem Übersinnlichen untergeordnet!

Auch der einzelne muß sich dem allgemeinen Weltplan nach seiner besten Überzeugung hingeben und für solchen nach seinen besten 14 Kräften zu wirken, übrigens aber sich selbst und andere so glücklich als möglich zu machen suchen; und welches Glück ist vollkommener, als dasjenige, welches uns zu einem Höheren, zu dem Übersinnlichen leitet; welcher Genuß ist schöner, als der, welchen uns das Übersinnliche gewährt oder der wenigstens mit ihm in harmonischer Beziehung steht? Religiosität und Liebe sind nahe verwandt, beide das wohltätig erwärmende Feuer im Menschen. Ohne sie bleibt die Kraft tötend und kalt, der Genuß tierisch und ohne Wert. Nach welchem positiven Lehrbegriff der Mensch zu dieser Religiosität gelangt, ist nicht wesentlich. Auch die Bibel sagt: »Wer Gott fürchtet - d. i. wer immer mit Rücksicht auf Gott, auf das Übersinnliche handelt - und Recht tut in allerlei Volk, der ist ihm angenehm.» Der Staat, der das große sittliche Ziel hat, das wir dem Preußischen vorgesteckt haben: Veredlung der Menschheit, hat die Verpflichtung doppelt auf sich; diese Religiosität zu befördern und dadurch seine Untertanen dem höheren Glücke zuzuführen. Dadurch wird er mächtig darauf hinwirken, daß die Tendenz allgemein und herrschend werde.

Ein Kampf, geführt, um den Sieg des Guten über das Böse zu erringen, der echten, edlen Freiheit und Religiosität über Sklaverei und heuchlerische Immoralität und raubsüchtigen Despotismus, ein solcher Kampf wäre der herzerhebendste, und guter Erfolg muß ihn krönen, der Monarch, der ihn leitet, der Wohltäter der Menschheit, das rechte geistige Oberhaupt werden. Napoleon, in Ägypten Mohammedaner und jetzt katholischer Christ, geht davon aus, die Religion als Mittel zu benutzen, den Pöbel im Zaume zu halten und seine Macht zu sichern und zu erhöhen. Viele seiner Schritte deuten dahin, daß er die Absicht hat, sich auch als geistliches Oberhaupt aufzustellen, um als weltliches desto unumschränkter zu herrschen. Daß der gegenwärtige Zeitpunkt den Preußischen Staat vorzüglich auffordert, die Religiosität zu heben, ist unwidersprechlich, und die Mittel dazu scheinen allerdings folgende:

1. Er beweise hohe Achtung dafür, öffentlich und fortdauernd. Ein zweckmäßig angeordnetes Fest durch den ganzen Staat, wenn er vom Feinde befreit und der König in seine Residenz zurückgekehrt sein wird, nicht der Freude, aber der rechten Würdigung unseres Zustandes und unserer Pflichten gewidmet, feiere den Antritt der neuen Epoche und werde durch eine angemessene Publikation verfügt, die dem Ausdruck jener Achtung vorzüglich mit gewidmet sei.
2. Bürgerliche Ordnung und Moralität ehre der Staat allenthalben und halte sie aufrecht. Der Freiheit in Vortrag und Lehre, in Untersuchungen über die Religion werde nichts in den Weg gelegt; - die Wahrheit wird oben bleiben.
3. Anstalten, die die einzelnen nicht treffen können, unterstütze oder treffe der Staat mit Liberalität.
4. Er gebe dem geistlichen Stande die gehörige Würde durch die erforderliche Bildung, die Abschaffung von Gebühren für geistliche Verrichtungen, die ihn schänden, durch Strenge gegen Unwürdige und Sittenlose und Sorgfalt bei Besetzung der Stellen. Er wirke dahin, daß junge Leute aus den höheren Ständen sich auch dem geistlichen widmen.
5. Er sorge dafür, daß der Geistliche mit seiner Familie sein Auskommen habe, und wo die Gemeinden es nicht vermögen, es ihm zu schaffen, da trete er zu.

6. Der Religionsunterricht in den Schulen werde der Haupttendenz gemäß eingerichtet, dem Kinde früh die Beziehung auf Gott und das Übersinnliche und lebhaftes Gefühl für solches eingeprägt. Dem Geistlichen werde die Sorge dafür vorzüglich zur Pflicht gemacht.
7. Der Staat übe Toleranz, er mische sich nicht in die Sache des Gewissens und dulde jeden Gottesdienst, der nicht öffentliches Ärgernis gibt und den anderen stört, verfolge keine Religionssekte, sobald sie nicht der bürgerlichen Ordnung widerstrebt. Daß er eine Religionspartei, die er für die zweckmäßigste hält, vorzüglich seiner Fürsorge teilhaftig macht und sie in diesem Sinn als herrschende Kirche behandelt, dawider ist nichts. - Im Preußischen gehören beide protestantische hierher.
8. Bei der religiösen Verehrung werde die Sinnlichkeit des Menschen nicht vergessen. Man achtet nicht genug hierauf. Wie sehr hebt z. B. ein schöner, wohl ausgeführter Choral das Gefühl. Das Äußere ist nicht das Eigentliche, aber es ist ein wesentliches Hilfsmittel.
10. Jede Störung der öffentlichen Gottesverehrungen, jeder Beweis von Nichtachtung werde untersagt und entfernt. So unrecht es wäre, den Sonntag in träger Untätigkeit hinzubringen, wenn man durch Tätigkeit nützen kann, so unrecht z. B., dem Landmann zu verbieten, nach dem Gottesdienst das Korn einzufahren, das Gefahr läuft, im Regen zu verderben, so viel mehr unrecht ist es, während des Gottesdienstes offen Gewerbe zu treiben, die Spiel- und Kaffeehäuser zu öffnen und Truppen zu exerzieren.


VIII. Justizwesen.
Der Staat muß das Ganze seiner Verwaltung mit gleicher Aufmerksamkeit umfassen und auf jeden Teil, ohne Vorliebe, die Fürsorge wenden, die er erfordert. Wenn das Justizwesen hierunter im Preußischen Staate begünstigt wurde, so mag wohl eine Hauptursache darin mit gelegen haben, daß die Kameralisten den stolzen Wahn hatten, auf der höchsten Stufe der Vollkommenheit zu stehen. Gesetzgebung und Rechtspflege sind allerdings sehr verschieden. Zur ersten gehört eine vollkommene, auf Wissenschaft und Bekanntschaft mit den Gegenständen gegründete Kenntnis, die der bloße Jurist nicht besitzt. Sieht der Staat die Sache richtig und aus dem rechten Standpunkt an, so wird er die Gesetzgebung nur Männern anvertrauen, die sich durch ihre Bildung ganz dazu eignen.

Dem Juristen gebührt hierbei gar kein Vorrecht; hat er sich aber die erforderliche Qualifikation erworben, wozu der Mann von Kopf, wenn er sich die Grundwissenschaften früher erworben hat und fortstudiert, auch bei der Rechtspflege sehr gute Gelegenheit hat, so wird er dabei vorzüglich mit gebraucht werden können; den Juristen als solchen das Übergewicht bei der Gesetzgebung zuzueignen sowie die Leitung und Direktion derselben ihnen ausschließlich anzuvertrauen, wird immer eine sehr nachteilige Einseitigkeit zur Folge haben, wie sich in mehreren Fällen, als z.B. bei der von dem Herrn von Altenstein angeführten Aufhebung der Erbuntertänigkeit, bei den Gesetzen über Gemeinheitsteilungen pp., gezeigt hat. Das Gute der bisherigen preußischen Justizverfassung, der Vorzug, ein verständliches Gesetzbuch in der Sprache der Nation zu haben, macht es doppelt wünschenswert, daß die an sich notwendige Verbesserung der Mängel derselben nicht vernachlässigt werde. Die Tendenz, die wir dem Staat anweisen, erfordert sie durchaus. Daß die völlige Unabhängigkeit der Justiz von allem Einfluß befestigt und erhalten, daß Rechtlichkeit und Unbestechlichkeit stets befördert und das Gegenteil mit Schande und Strafe ernstlich gerügt werde, versteht sich von selbst. Man könnte, wie ich oben bei dem Militär vorgeschlagen habe, auch über die Justizbedienten sowie über jeden Staatsbeamten dem Ehrengerichte das Recht der Untersuchung und des Ausspruchs in Fällen der entehrenden Pflichtwidrigkeit, die bei solchem zur Anzeige gebracht würden, zueignen.

Übrigens möchten folgende Maßregeln nötig sein:
1. Die Trennung der Gesetzgebung von der Justiz, welche dazu mitwirkte, wie andere Zweige der Verwaltung, und die baldigste Ernennung einer zweckmäßigen Behörde, damit die Verordnungen, die die Reorganisation erfordert, dem Vorurteile nicht als willkürlich oder nicht hinreichend vorbereitet erscheinen. Eine einsichtsvolle und parteilose Revision des Allgemeinen Landrechts und der Gerichtsordnung. Sie wird ohnehin unumgänglich, wenn die in Absicht auf die Grundverfassung getanen Vorschläge angenommen werden. Hierbei sehe man insonderheit auf die Abschaffung der vielen Förmlichkeiten, die für eine Nation von Betrügern und Verbrechern verordnet zu sein scheinen, den Charakter verderben und den Wert und das Gefühl von Treue und Glauben herabsetzen, indem sie eine große Erschwerung der Gewerbe und des Verkehrs sind. Wo die Instanzen vermindert werden können, wird solches allerdings die Prozesse abkürzen, Kosten ersparen und von Nutzen sein, wenn dagegen auf die Urteilssprüche der Richter ein desto größeres Vertrauen gesetzt werden kann.

2. Das Sportelwesen muß vor allen Dingen einer gänzlichen Reform unterworfen werden; denn der Vorwurf, den man unserer Justiz macht, daß sie mehr als irgendeine andere kostbar sei und sportuliere, ist nur zu gegründet. Es wäre zu wünschen, daß die Justiz ganz unentgeltlich verwaltet würde. Man führt verschiedene Gründe dagegen an, sie scheinen mir aber nicht von Gewicht zu sein. Es würden sich z. B. wohl andere Mittel finden lassen, den Fleiß der Justizbeamten zu befördern und der Prozeßsucht zu steuern. Der Staat muß aufbringen, was die Verwaltung der Justiz kostet. Mir scheint ebensowenig Härte darin zu liegen, daß jedermann für den Schutz zahle, den ihm die Gesetze im Fall eines Rechtsstreits gewähren, als für den des Militärs im Fall eines Krieges. Sollte man die Gründe für die Beibehaltung von Sporteln überwiegend finden, so verwalte sie wenigstens der Justizbeamte nicht, so mögen sie nicht der Justiz allein zugute kommen, sondern dem Staat überhaupt berechnet werden, der die Justizbeamten gehörig besolden muß.

3. Die Sorge für die Bildung tüchtiger Juristen ist allerdings von großer Wichtigkeit. Für die als Jurist hat der Preußische Staat Anordnungen gemacht, die große Vorzüge vor denen anderer Staaten haben; indes hat man dabei auch zu sehr auf Forni und zu wenig auf Wissenschaft gesehen. Der Jurist sowie der Staatsmann, der Kameralist, der Geistliche, der Soldat sollten in Absicht auf die Grundlage allgemeiner Kenntnisse und besonderer von ihrem Vaterlande zuerst einerlei Bildung haben und dann erst die des erwählten Fachs auf solche bauen, ohne jene zu vernachlässigen, vielmehr die, die ihnen als Hilfsmittel besonders dienen könnten, immer im allgemeinen mit fortstudieren.
4. Bei der Anstellung der Richter und bei der Aufsicht auf sie ist es gewiß wichtig, außer der Fähigkeit auf die Erhaltung ihrer Würde Rücksicht zu nehmen. Der unbärtige Jüngling sollte nicht Richter sein.
5. Ferner sollte die Abschaffung fehlerhafter und schlechter Gerichtspersonen nicht erschwert, sondern durch weise Gesetze vielmehr befördert werden. Das Ehrengericht könnte auch hierbei wirksam sein. Daß es nicht fiskalisieren solle, müßte aber bestimmt werden.
6. Die Abschaffung der Patrimonialgerichtsverwaltungen, besonders in Kriminalfällen, würde ich ebenfalls für sehr nützlich halten; nur muß der Gutsbesitzer die Mittel behalten, seine Bauern, Arbeiter und Gesinde ohne Weitläuftigkeiten und Kosten zur Erfüllung ihrer Pflichten anzuhalten, und sowenig jenen das Gehör und das Recht versagt werden darf, sowenig darf der Gutsherr von der Willkür des vielleicht entfernten Richters hierunter abhängig gemacht werden.


IX. Geschäftspflege.
Einleuchtend ist die Wichtigkeit einer recht zweckmäßigen Organisation der leitenden und verwaltenden Behörden. Sie muß so einfach als möglich die Beratung durch einsichtsvolle, vollständig unterrichtete Männer anordnen, aber dafür sorgen, daß sie nicht durch Weitläuftigkeit, Unwissenheit, Mangel an Zusammenhang und Egoisterei erschwert werde, die Ausführung wenigen, wo immer möglich einzelnen anvertrauen, die ungestört mit der nötigen Macht und Responsabilität und mit vollkommener Kenntnis des Gegenstandes wirken können. Von der höchsten Stelle bis zu der untersten muß alles stufenweise ineinander greifen, so daß allenthalben und ununterbrochen mit der zum Zweck erforderlichen und bei der ersten mit einer das Ganze zusammenfassenden Übersicht und Autorität, mit voller Kraft und Konsequenz, es sei leitend oder selbst handelnd, zu einem Ziele hin gestrebt werde. Die Vorschläge, welche der Geh. Finanzrat von Altenstein wegen der Anordnung der Behörden macht, haben meine vollkommenste Zustimmung. Wir haben diese Gegenstände sehr oft miteinander erwogen, und ich würde nur abschreiben, wenn ich meine Ideen hierhersetzen wollte. Ich verweise also bloß auf den Aufsatz des Herrn von Altenstein und füge nur einige Bemerkungen hinzu.

Die Frage, ob der König für seine Beratung und zur Leitung als oberste Behörde einen ersten Minister oder ein Konseil anstellen solle, entscheidet sich nach meiner Überzeugung in der gegenwärtigen Lage des Staats, wo es so sehr auf Einheit und Kraft ankommt, damit die Wiederherstellung ohne die Hindernisse, welche Verschiedenheit und Beschränktheit der Ansichten oder Handwerksneid in den Weg legen, schnell erfolge, ganz für einen Minister, der auf das Ganze wirke. Zugleich sind aber für einige Fächer, für das Militär, die auswärtigen Geschäfte, das Justizwesen, die Religion und den öffentlichen Unterricht auch Minister anzustellen, deren Wirksamkeit und Verantwortlichkeit sich bloß auf ihre Fächer erstrecke. Daß diese Anstellung in Absicht auf die beiden ersten Gegenstände notwendig sei, hat Herr von Altenstein auseinandergesetzt, bei den beiden letzten es nicht für so nötig gehalten. Ich glaube aber, daß es der Opinion und des Wohlstandes wegen gut wäre und daß der Wirkungskreis übrigens doch in der Hauptsache so bleiben könne, als er angegeben ist. Findet man in der Folge die Einrichtung eines Staatsrats aus mehreren Ministern mit gleichen Befugnissen besser, so läßt sie sich ohne Störung der Maschine bald bewirken.Die Verhältnisse der verschiedenen Behörden unter sich und ihre Obliegenheiten und Befugnisse sind vom Herrn von Altenstein sehr richtig angegeben: der König steht auf dem Zentralpunkte, die Mittel werden ihm erleichtert, alles stets im ganzen zu übersehen und auf hinreichende Kenntnis seine Entschließungen zu gründen; der erste Minister, sein Hauptorgan zur Ausführung seiner Befehle, erhält die nötige Macht dazu, mit der vollständigsten Übersicht und mit der nötigen Hilfe durch die Geh. Staatsräte, aber der König wird instand gesetzt, durch die Vorträge derselben und der anderen Minister, den Premierminister7 selbst zu kontrollieren und auch andere Meinungen als die desselben zu hören und zu erwägen. Dieser hat die Responsabilität für die Staatsverwaltung nach den Befehlen des Königs, aber er ist dabei noch weiter gesichert durch die Mitwirkung der anderen Minister und der Geh. Staatsräte sowie dadurch, daß sie als Chefs der ihnen besonders anvertrauten Partien die vollste Responsabilität für solche ihrerseits auf sich haben und um desto leichter auf sich nehmen können, da sie den Vorträgen über solche bei dem König beiwohnen.

Zusammenhang wird dadurch bewirkt und Einseitigkeit vermieden, daß der erste Minister alle Geschäftszweige, soweit es nötig ist, leitet und unter den Geh. Staatsräten die erforderlichen gemeinschaftlichen Versammlungen gehalten werden, daß diesen ein oder mehrere Mitglieder beiwohnen, denen kein besonderer Geschäftszweig anvertraut ist, sowie die Repräsentanten, deren Zahl ich immer auf drei bestimmen würde. Die Stelle des mit keinem eigenen Geschäfte beauftragten Geh. Staatsrats durch einen der Repräsentanten vertreten zu lassen, scheint mir nicht rätlich, weil dazu vorzüglich ausgebildete Kenntnis und Erfahrung gehört und die Repräsentanten überdem wechseln sollen. Für technische Behörden zur Beratung und für das Fortschreiten, für die zur Prüfung der neu zu gebenden Gesetze und der angehenden Staatsdiener ist gesorgt. Die Oberpräsidenten oder Zivilgouverneurs - eine Benennung, die dem ihnen zugedachten Wirkungskreise allerdings angemessen scheint - werden das Band zwischen den eigentlichen verwaltenden Behörden und die Kontrolle der Ausführung, in gewissen Fällen, wo vorzügliche Schnelligkeit und Einheit erforderlich ist, selbst Werkzeuge der Ausführung. Die Verwaltungskammern erhalten einen ausgedehnteren Wirkungskreis, indem alles, was nicht eigentlich militärisch oder zur Justiz gehörig ist, ihrer Fürsorge anvertraut wird; die Hindernisse werden weggeschafft, die in dem Schwerfälligen des Kollegialganges liegen; die Verbindung mit der Nation wird durch die Repräsentanten besser bewirkt, das öffentliche Zutrauen und die Opinion werden mehr gewonnen, und dadurch wird jedes Geschäft erleichtert. Die Unterbehörden werden einfach, dem Zweck gemäß angeordnet und auch mit dem Volke in nähere Beziehung gebracht. Folgende Bemerkungen scheinen mir noch eine Erörterung zu verdienen: Die Idee, für Berlin einen besonderen Oberpräsidenten oder Zivilgouverneur zu bestellen, finde ich sehr richtig. Das Interesse dieser großen Hauptstadt ist ganz verschieden von dem der Provinz und erfordert besondere Administrationsgrundsätze und besondere Fürsorge.

Aus der Idee scheint mir schon zu folgen, daß auch die Provinzialkammer mit der Verwaltung der Stadt auf keine Weise etwas zu tun habe, sondern daß dafür eine eigene Behörde existiere. Die Folgen dieser Anordnungen werden sich bald sehr heilsam äußern. So bedarf Berlin allerdings Magazinanstalten verschiedener Art, an Getreide, Holz, Kohlen pp. Diejenigen, denen die Verwaltung besonders anvertraut wird, müssen dafür sorgen; dann wird das Geschrei gegen die Freiheit des Handels mit diesen Gegenständen, besonders mit Getreide, aufhören, und der Staat wird in Absicht auf solche, sorgt er nur auch für die nötigen Vorräte behufs des Militärs, desto sicherer vor dem Vorurteile, welches er bisher schonte, die richtigen Grundsätze befolgen können. Die Frage wird zu erwägen sein, ob Potsdam der Administration von Berlin oder der der Provinz zuzuteilen sei? Ich glaube das erste. Es ist die Sache der höchsten Behörde, darauf zu sehen, daß das Interesse beider Verwaltungsgegen-stände, der Residenzen und der Provinz, mit dem des Ganzen harmoniere, und da, wo sie in Kollision geraten, die Richtschnur zu geben. Eine richtigere Benennung der Behörden und der Staatsbeamten scheint mir nicht unwichtig zu sein. Die Kriegs- und Domänenkammern würde ich Administrations- oder Verwaltungskammern, die Justizkollegien Obergerichte oder Justizkammern statt Regierungen nennen und das bis ins Lächerliche vom Kriege hergenommene Prädikat überhaupt nur den Behörden und Staatsbeamten vorbehalten, die mit den Kriegssachen eigentlich zu tun haben. Die Kriegsräte mit den friedlichen Beschäftigungen, die Regierungsräte, die nicht regieren, und die Legationsräte, die nicht zu Gesandtschaften gebraucht werden, würde ich umwandeln in Hofräte bei dem Auswärtigen Departement, in Justizräte bei den Obergerichten, in Kammerräte bei den Kammern, in Kanzleiräte zur Auszeichnung bei den Subalternen. Der Vorzug durch das Wort Geheim könnte bei Staatsdienern bleiben, deren Geschäfte Geheimnis erfordern können oder zulassen, bei anderen aber setze man das Ober an die Stelle, als z. B. Oberjustizrat statt Geh. Justizrat, Oberkriegsrat statt Geh. Kriegsrat.

Das Prädikat Geheim sollte überhaupt weit seltener gegeben werden und nie an den Geh. Oberhoftrompeter erinnern. Eine angemessene Rang-ordnung müßte die Verhältnisse bestimmen. Der Herr von Altenstein bestimmt die Zahl der den Kammern beizugebenden Repräsentanten nicht und macht sie von den besonderen Umständen abhängig. Ich habe oben vorgeschlagen, sie der Zahl der vom König angestellten Räte gleich zu machen, finde aber den Antrag des Herrn von Altenstein richtiger. Er will ihnen einen höheren Rang als den Räten geben, und dieses kann allerdings nötig sein, da sie ohne Sold dienen sollen. Er eignet ihnen nur eine Konsultativstimme statt der entscheidenden zu, er will sie nur den Sitzungen des Plenums beiwohnen lassen. Ich bestimmte ihnen oben gleiche Rechte mit den Räten. Die Einrichtung, wonach spezielle Gegenstände von einzelnen bearbeitet werden sollen, hat meinen ganzen Beifall; nur die Beiziehung der Repräsentanten möchte dabei nicht tunlich sein; ob sie aber bei dem versammelten Kollegium nicht eine Dezisivstimme führen müßten, stelle ich einer weiteren Prüfung anheim. Herr von Altenstein will ihnen das Recht beilegen, die Ausführung des gefaßten Entschlusses zu suspendieren, bis die vorgesetzte Behörde entscheidet, welches doch immer in Fällen, wo Gefahr auf dem Verzuge wäre, nicht anwendbar sein würde. Ob es rätlich sei, die Kreisbehörden bloß aus Gewählten von den Kommunitäten bestehen und sie umsonst dienen zu lassen, darüber bin ich sehr zweifelhaft. Mir scheint es besser, einen besoldeten, ganz qualifizierten und vom Staat bleibend angestellten Kreisvorsteher zu haben, bei dessen Anstellung der Stand nicht in Betracht käme, bei dem aber zwei gewählte Repräsentanten ohne Sold, mit Konsultativstimmen und dem Rechte, Verfügungen, die ihnen nicht zweckmäßig schienen, bis zur Entscheidung der oberen Behörde aufzuhalten, angestellt würden.

Die Idee, die Kreisvorsteher und unieren Polizeibeamten mit der Volksbewaffnung in Verbindung zu setzen, habe ich für Franken selbst gehabt und finde sie noch sehr zweckmäßig, wenn eine nicht-freiwillige Errichtung von Bürger- und Bauernkorps vorgenommen werden muß. Dann ist der Kreisvorsteher der beste Chef, und die Polizeibeamten geben die besten Offiziere ab; kommt aber die weit nützlichere und höher stehende Einrichtung mit freiwilligen Korps zustande, so ist die Verbindung mit den Kreis- und Polizeibehörden nicht damit vereinbarlich, doch kann das dazugehörende Personal mitgewählt werden. Daß die Invalidität der Militärpersonen kein Titel zur Versorgung im Zivil sein müsse, sondern bloß die Qualifikation, damit bin ich vollkommen einverstanden, ebenso damit, daß die Polizei sowenig als die Justiz von den Domänenbeamten zu versehen sei. Die Instruktionen zweckmäßiger als bisher und nicht bloß formell, sondern über den Gegenstand der Dienstführung selbst und nach dem angenommenen Staatssystem abzufassen, ist allerdings eine notwendige Sorge; dieses System und die Grundsätze, auf welchen es beruht, bedarf ferner einer allgemeinen und deutlichen Bekanntmachung durch Verordnungen. Daß die Verwandlung des pedantischen, veralteten Geschäftsstils in den gebildeteren des Zeitalters ohne Rücksicht auf die unerheblichen Einwendungen dagegen geschehen könne, darüber habe ich mich bei mehreren Gelegenheiten geäußert, und es ist längst die Absicht des Königs gewesen, die ich im Begriff war auszuführen. Jener alte Kurialstil ist nur der Nimbus, mit dem sich unwissender Stolz verhüllt. Die viele unnütze Schreiberei abzuschaffen, muß ein Hauptgegenstand der Einrichtung eines besseren Geschäftsganges sein. Durch die gemachten Vorschläge wird solches bewirkt werden. Bei dem, was der Herr von Altenstein über die Besoldungen und ihre zweckmäßige Bestimmung, über einen festen, hinreichenden Besoldungsetat und solchenfalls über ein Verbot der Gesuche um Zulagen, über Belobungen, Geschenke, Titel, Orden und Pensionen und die Verpflichtung des Staats, diese nach gewissen Verhältnissen zureichend zu geben, und den Nachteil einer zweckwidrigen und zumal ungleichen Ersparung bei diesem Artikel, ferner über Bildungsanstalten, Bestrafungen, Dienstentsetzung nur durch Urteil und Rechts - wenn nur die gesetzlichen Vorschriften und die Form richtig bestimmt werden, - endlich über Urlaub für jeden nach festen Grundsätzen sagt, finde ich nichts, womit meine Überzeugung nicht vollkommen übereinstimmte.


Schluß und Nachtrag wegen der auswärtigen Verhältnisse.
Die Ausführung der in diesem Aufsatze und in denen der Herren von Altenstein und Niebuhr enthaltenen Vorschläge hängt zwar großenteils davon ab, daß für den Staat ein Zustand der Ruhe eintrete und daß er von den fremden Truppen befreit werde. Bleiben diese, besteht noch immer Unsicherheit oder entsteht sogar durch den mir erst bei der Beendigung dieser Abhandlung bekannt gewordenen geheimen Separatartikel des Friedens, wodurch Preußen sich verbindlich gemacht hat, mit Frankreich gemeine Sache gegen England zu machen, wenn am 1. Dezember dieses Jahres nicht zwischen diesen beiden Mächten Frieden gemacht und dabei nicht die Seerechte nach Frankreichs Absicht bestimmt sind, ein neuer Krieg, so wird der Gang der Wiederherstellung und Verbesserung allerdings sehr gelähmt werden. Manches wird ausgesetzt werden, außerordentliche Maßregeln und Anstrengungen werden hinzukommen müssen. Aber die Grundsätze bleiben unwandelbar und müssen dennoch das vorgesteckte Ziel sein, das soviel und sobald als möglich zu erreichen ist. Kein ergriffenes System ist vermögend, den Staat vor künftigen Gefahren und Hindernissen von außen ganz zu schützen; aber man habe nur das erwählte Ziel unverrückt vor Augen und hüte sich, ohne Zusammenhang und Plan zu handeln.

Der Herr von Altenstein bestimmt sehr richtig, was unter allen Umständen gleich geschehen kann: die feste Bestimmung, Annahme und Bekanntmachung der Hauptgrundsätze, auf die das System beruht; insbesondere
1. möglichste Aufhebung des Unterschieds der Stände, auch in Rücksicht auf die bessere militärische Einrichtung;
2. die vorgeschlagenen Maßregeln und Verordnungen wegen der Freiheit der Untertanen und des Erwerbes;
3. die dringende Organisation des Militärwesens, neue Konskriptionseinrichtung pp.;
g) »Wird der Vorschlag wegen des Ehrengerichts angenommen, so vertritt dieses hierbei die Stelle der Justizkollegien.«Gewerbefreiheit und Sicherheitsanstalten im Innern;
4. die nötigen Übersichten im ganzen Finanzfache, das Schuldenwesen, die Aufsuchung außerordentlicher Geldquellen;
5. die Organisation der obersten Behörde, die Verordnungen und Bekanntmachungen wegen allgemeiner Grundsätze, Festsetzung von Prinzipien über die Besoldungen, Pensionen. - Der obengedachte geheime Artikel erfordert den Nachtrag einiger Bemerkungen in Absicht auf die auswärtigen Verhältnisse. Er ist schrecklich! Wir haben also keinen Frieden, sondern nach einer kurzen Frist, während welcher der übermütige Sieger fortfährt, uns die Lasten des Kriegs drückend fühlen zu lassen, und uns unsere letzten Ressourcen nimmt, einen neuen Krieg, gezwungen gegen einen freundschaftlichen Staat und gegen unser größtes Interesse, zu unserm empfindlichsten Nachteile, verhindernd jedes Wiederaufblühen unseres Handels, unserer Gewerbe, unseres Wohlstandes. Wenn England uns auch nach der abgenötigten Sperrung der Häfen schonen will, wird es, kann es das, wenn wir ihm Krieg erklären müssen?

Das glücklichste Ereignis für Preußen, für ganz Europa wäre jetzt ein Frieden zwischen Frankreich und England, wäre es auch kein dauerhafter, nur ein Stillstand. Worin soll die gemeine Sache, die wir mit Frankreich gegen England machen sollen, bestehen? Mit der Hafensperrung wird man sich nicht begnügen. Wird man die Konfiskation aller englischer Waren, die Vertreibung oder Arretierung aller Engländer, Hilfstruppen nach Dänemark, Gibraltar, Portugal oder gar Ägypten, Geldzuschüsse, Ausrüstung von Transportschiffen pp. verlangen? Eine Konvention soll dieses bestimmen. Welche Vorteile wird man uns zusichern? Gewiß nicht große, wesentliche, denn warum hätte man denn bei den Friedensunterhandlungen so verächtlich gegen eine Allianz mit Preußen gesprochen und so harte, herabwürdigende und dessen Macht verringernde Bedingungen aufgelegt? Warum führe man noch fort, es zu drücken? Selbst den Satz wird man also nicht aufwerfen, nicht geltend machen können: ,Keine halbe Maßregel, man sei ganz französisch'; denn hat der Staat nicht wenigstens sichere große Vorteile davon, so wäre dieses ein neuer Schritt zur Sklaverei.

Die Hauptfrage wird sein: was tut Rußland? Hat es dieselbe Verbindlichkeit eingegangen? Es ist zu vermuten, und wahrscheinlich ist man von dem, was geschehen ist, unterrichtet. Was kann Preußen dann übrig bleiben, als sich anzuschließen? Aber es zeige solchenfalls, wo es nur möglich ist, daß es nur dieses tue, weil es die Not erfordert; es erfülle dann die eingegangenen Bedingungen treu, aber es strebe durch Rußland und durch unmittelbares Bemühen dahin, daß es Ersatz für die neuen Aufopferungen und womöglich für die älteren erhalte. Die Begebenheiten können die Möglichkeit dazu darbieten, ohne daß Preußen die Grundsätze verletze. Liegen der Verbindung zwischen Rußland und Frankreich Pläne auf die Türkei zum Grunde, so kann ihre Ausführung Gelegenheit zu Veränderungen geben, wodurch Preußens gerechte Ansprüche befriedigt werden können. Sachsen kann österreichische Besitzungen erhalten, z. B. Krakau, Lublin, Sendomir, und Österreich dagegen türkische, Preußen sächsische. Überhaupt hat Napoleon gewiß noch große Pläne im Kopf, deren Entwicklung sich vielleicht bald zeigen wird. Die größte Aufmerksamkeit und Schnelligkeit im Handeln ist also erforderlich, um die Gelegenheit zu benutzen. Das Wo und Wie läßt sich nicht vorher bestimmen. Auch wird man wohl nicht versäumt haben, sich von Rußland Ersatz für den abgetretenen Teil von Neu-Ostpreußen zusichern zu lassen. Es kann ein Krieg zwischen Frankreich und Österreich entstehen. Gegen diese Macht haben wir uns mit Frankreich nicht verbunden. Sie stand nicht gegen uns auf, als sie durch einen Bund mit Frankreich uns Schlesien gewiß wieder entreißen konnte. Könnten wir uns gegen sie erklären? Dazu müßte sie uns selbst neuen, dringenden Anlaß geben. Wenn sich aber Rußland wieder mit Frankreich entzweite? Auf diesen und mehrere andere Fälle im voraus etwas festzusetzen, ist nicht wohl möglich; die Umstände müssen bestimmen, welche Partie das Wohl und die Sicherheit des Staats und sein Fortschreiten sodann erfordert. Nur das läßt sich mit Bestimmtheit sagen, daß sie entscheidend, fest und zeitig genug ergriffen, kräftig und konsequent verfolgt werden muß.

Man halte sich, den höchsten Zweck des Staats immer vor Augen habend, an die Grundsätze und wähle die Maßregeln, die diesen am besten anpassen. Ich wiederhole nochmals meine Überzeugung, daß Preußen dem Rheinbunde ja nicht beitreten müsse. Es würde dadurch Frankreichs Provinz, Napoleon dessen Oberherr. Man sage nicht, daß es unter veränderten Umständen leicht sein werde, wieder davon abzuspringen. Die Form ist hier sehr wesentlich und schwer wieder zu zerbrechen. Noch gegen einen möglichen Fall empört sich das rechtliche Gefühl. Wenn man Preußen Schwedisch-Pommern anböte, müßte es nicht angenommen werden; Preußen darf seinen Alliierten, der ihm zuvorkommende Freundschaftsbeweise gab und gegen den nur die Not es bundbrüchig machte, mit dem es im Frieden, in freundschaftlichen Verhältnissen ist, nicht berauben, wenn es auch darauf gar keine Rücksicht nehmen will, daß er solchem von der Seeseite sehr großen Schaden zufügen kann. Mit den heißesten Wünschen für den Preußischen Staat, dessen Beherrscher und sein höchstes Haus schließe ich diesen Aufsatz. Möge er wenigstens zum Leitfaden dienen, um noch bessere Vorschläge auszufinden, als die sind, die ich mit meinen Mitarbeitern anzugeben imstande war!


Fußnoten
1 Anspielung auf das Buch von L. S. Mercier: L'an 2440. Reve s'il en fût jamais. Londres 1772. zurück
2 Anmerkung von Hardenberg: Den geheimen Artikel, wodurch sich Preußen verpflichtet hat, mit Frankreich gemeine Sache gegen England zu machen, wenn am 1. Dezember nicht Frieden zwischen diesen beiden Mächten ist, habe ich erst erfahren, als dieser Aufsatz fast beendigt war. Ich werde darüber am Schluß noch einiges nachtragen. zurück
3 Anmerkung von Hardenberg: Noch während der Ausarbeitung dieses Aufsatzes wurde es gezwungen, aus der Neutralität herauszutreten, und es bestätigte sich, wie mißlich das Neutralitätssystem sei, dessen zu lange Befolgung nun auch für Dänemark die schlimmsten Folgen haben kann. zurück
4 Anmerkung Hardenbergs: über die Frage, ob die Kreisvorsteher nicht bloß aus den Repräsentanten zu nehmen sind, über die Zahl dieser letzteren bei den Kammern, ihr Stimmrecht und ihren Rang wird noch unten bei der Geschäftspflege etwas vorkommen. zurück
5 Anmerkung Hardenbergs: Daß dieses auf die Generale noch weit mehr Anwendung finde, versteht sich von selbst. zurück
6 Die Überschrift fehlt in der Ausfertigung für den König, steht jedoch im handschriftlichen Konzept Hardenbergs. zurück
7 Anmerkung Hardenbergs: Daß man hierbei auf Magazine für besondere Gegenstände, für das Militär, für einzelne Anstalten oder Klassen von Arbeitern, für große Städte, vorzüglich für Berlin, welches ein ganz eigenes Versorgungssystem erfordert, Bedacht nehmen müsse, versteht sich von selbst. Getreidemagazine zur Versorgung des ganzen Landes sind zumal in einem großen Staate unnötig und unmöglich. Ich habe mich in meinen Abstimmungen bei dem Generaldirectorio vom 29. März 1802 und 27. August 1805 über diese wichtige Materie umständlich geäußert. Auch von einigen anderen Arten der ersten Bedürfnisse, als Holz, Kohlen, Torf, Salz, muß der Staat Vorräte halten, um dem Mangel vorzubeugen, wenn er es nötig findet: auch der Teuerung, - aber, wo nicht, wie bei dem Salz, eine wichtige Finanzrücksicht zugrunde liegt, neben völliger Handelsfreiheit. zurück
8 Anmerkung Hardenbergs: Sollte man bei der Benennung Premierminister irgend ein Bedenken haben, so würde der Name Staatskanzler mir sehr zweckmäßig scheinen, wogegen der Justizminister nicht wieder den Titel Großkanzler führen würde. zurück